Wachsende Kritik: Seehofer in der Bredouille

Wachsende Kritik: Seehofer in der Bredouille
In der SPD fordert man bereits seinen Rücktritt.

Viel Kritik mussten der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihres Asyl-Kompromisses in der heutigen Bundestagssitzung anhören: „Der Kompromiss ist so praxistauglich wie Sandalen in der Arktis“, sagte etwa FDP-Chef Christian Lindner. Auch von der AfD kamen harte Attacken. Kritik kam auch vom Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD): „Wenn Seehofers Manöver zum Ziel hatte, der AfD Wählerinnen und Wähler abzujagen, dann ist der Schuss voll nach hinten losgegangen“, sagte der frühere SPD-Fraktionschef.

Ohnehin ist man in der SPD aktuell nicht gerade gut auf Seehofer zu sprechen. Bei den geplanten Transitzonen besteht man darauf, dass "keine Flüchtlingsfamilien hinter bewachten Zäunen" untergebracht werden sollen. Die sogenannte Arbeitsgruppe Migration in der SPD forderte gar den Rücktritt des deutschen Innenministers. Sollte er dieser Forderung nicht nachkommen, "fordern wir Angela Merkel auf, den Innenminister zu entlassen", heißt es in einem internen Beschluss, aus dem Welt.de zitiert. 

Innerhalb der CDU herrscht - deutschen Medienberichten zufolge - nach der Einigung neben Erleichterung auch Häme gegen Seehofer: Durch seinen angekündigten und dann nicht durchgeführten Rücktritt habe er Schwäche gezeigt. Der Deal mit Merkel sei das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt wurde.

Noch schlimmer für den deutschen Innenminister ist, dass er nun dort weitermachen muss, wo bereits Merkel nicht erfolgreich war: Rückführungsabkommen mit anderen EU-Staaten zu schließen. Dafür wird er morgen, Donnerstag, nach Wien reisen, um sich mit Innenminister Herbert Kickl und Bundeskanzler Sebastian Kurz zu treffen.

Kurz sagte heute im Ö1-Morgenjournal, dass Telefonate mit mehreren deutschen Politikern „noch nicht vollkommene Klarheit gebracht" hätten. Auf jeden Fall solle Österreich kein „Auffanglager mitten in Europa“ sein – er werde keine Verträge, „die zu Lasten Österreichs sind“, abschließen.

Rücktritt nach Bayern-Wahl?

Neben Österreich wartet auf Seehofer mit Italien ein viel zäherer Brocken: Innenminister Matteo Salvini – wie Kurz bei der „Achse der Willigen“ – hatte bereits mehrmals bekräftigt, keine Migranten mehr zurücknehmen zu wollen.

Zusätzlich mutmaßen Beobachter, dass der Rücktritt Seehofers nur aufgeschoben worden sein könnte. Wenn die CSU – wie derzeitige Umfragen belegen – bei der Bayern-Wahl im Herbst auf ein schlechtes Ergebnis kommt, wird sicherlich ein Sündenbock gesucht. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder könnte seinen Kopf aus der Schlinge ziehen, wenn er nach der Wahl Seehofer den Schwarzen Peter zuschiebt. Söder wäre danach trotz eines möglichen Wahldebakels auch der CSU-Vorsitz sicher.

Birgit Schwarz (ORF) berichtet aus Berlin

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