Scholz solle seine für Mittwoch geplante (Minderheits-)Regierungserklärung gleich auch dafür nützen, die Vertrauensfrage zu stellen und so den Weg für einen früheren Urnengang freimachen, forderte CDU-Chef Friedrich Merz. Scholz dazu sinngemäß: Nö.
Doch nachdem auch sein Juniorpartner, die Grünen in Person von Vizekanzler Robert Habeck, vor einer „Hängepartie“ gewarnt hatte, bewegte sich der Regierungschef ein bisschen – und das auf seines Art: Vertrauensvotum vor Weihnachten? Kein Problem!
Die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Rolf Mützenich, und der Union, Friedrich Merz, sollten sich halt auf ein Datum einigen, sagte der Kanzler im ZDF. Und auch gleich darüber, welche Gesetzesvorhaben man davor noch gemeinsam über die Bühne des Bundestages bringen könne. Etwa das Deutschlandticket und die Stärkung des Verfassungsgerichtshofes.
Die missbilligende Antwort kam postwendend: „Scholz sollte jetzt keine weiteren Nebelkerzen werfen, sondern zügig die Vertrauensfrage stellen“, sagt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU) zur Bildzeitung. „Dazu sind keine weiteren Absprachen notwendig. Bei diesem Verfahren liegt es allein am Kanzler, das Drama zu beenden und die Tür zum Neuanfang zu öffnen.“
Beides Seiten pokern hoch. Und einige Politiker wandten sich erneut an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, er solle ein Machtwort sprechen. Am Montag empfing er in seinem Amtssitz im Schloss Bellevue Robert Habeck, der sich in der Vorwoche zum grünen Kanzlerkandidaten ausgerufen und ob der miesen Umfragedaten seiner Partei dafür viel Spott und Häme hinnehmen musste.
Am Montag tagten (virtuell) auch die Bundes- und Landwahlbehörden, ob und wie ein früherer Urnengang überhaupt zu bewerkstelligen wäre. Zuvor hatte die Bundeswahlleiterin Ruth Brand für Aufregung gesorgt.
Logistische Herausforderungen
Sie warnte vor „unwägbaren Risken“ bei einer weiteren Verkürzung des ohnehin sehr knappen Zeitrahmens. Eine Wahl für 60 Millionen Stimmberechtigte sei mit enormen logistischen Herausforderungen verbunden, sie müsse wasserdicht ablaufen, das sei essenziell für das Vertrauen der Bürger in die Demokratie.
Skurril mutet auch die Debatte um die Stimmzettel an – zumal in einem Land, das weltweit das drittgrößte Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet. Ruth Brand sieht möglicherweise Probleme, dass diese rechtzeitig aufliegen.
Dass ein FDP-Landespolitiker der Wahlleiterin persönlich Papier spenden wollte und mit seinem Vorhaben beim Portier scheiterte, ist nur ein weiterer Akt in dem absurden Theater.
Die Papier- und Druckindustrie gibt sich gedämpft optimistisch – mit einem großen und beunruhigenden Aber: „Mit ganz viel Biegen und Brechen bekämen wird das hin“, so der Tenor, doch die Fehleranfälligkeit der Wahl würde erheblich steigen.
Klar ist: Alle Spitzenkandidaten befinden sich schon voll im Wahlkampfmodus. Friedrich Merz, der am Montag seinen 69. Geburtstag feierte, ist davon überzeugt, seinen 70er bereits als deutscher Regierungschef begehen zu können.
Der bei vielen als Langweiler verortete Olaf Scholz hält dagegen und traut sich zu, die Partie noch drehen zu können – mit einem, um es höflich zu sagen, interessanten Argument: „Ich finde mich etwas cooler (als Merz; Anm.), wenn es Staatsangelegenheiten betrifft – um es mal so höflich zu sagen, wie es mir gerade gelingt.“
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