Russischer General des Verteidigungsministeriums verhaftet

Präsident Wladimir Putin hat am Montag umfassende Änderungen im russischen Verteidigungsapparat vorgenommen.
General Juri Kusnezow ist wegen des Verdachts auf kriminelle Handlungen festgenommen worden. Gestern erst wechselte Putin seinen Verteidigungsminister aus.

Kurz nach einem Korruptionsskandal und der Entlassung von Verteidigungsminister Sergej Schoigu ist in Russland ein weiterer hochrangiger General festgenommen worden. Dem Chef der Kaderverwaltung beim Ministerium, Generalleutnant Juri Kusnezow, werde Bestechlichkeit vorgeworfen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur TASS am Dienstag. 

Die Vorwürfe betreffen demnach seine vorherige Tätigkeit als Chef des Dienstes für den Schutz von Staatsgeheimnissen.

Kusnezow habe von einer Firma Geld für Gefälligkeiten bekommen, heißt es. Die Polizei durchsuchte Büroräume und das Haus des Beamten. Es seien Gelder in Höhe von 100 Millionen Rubel (etwa einer Million Euro), darunter auch in ausländischer Währung, beschlagnahmt worden, sagte eine Sprecherin des Ermittlungskomitees. Gefunden worden seien zudem Goldmünzen, Luxusuhren und anderer Schmuck.

Erst Ende April war mit Timur Iwanow ein ranghoher General ins Visier der Ermittler geraten. Der für Bauprojekte verantwortliche Vize-Verteidigungsminister wurde ebenfalls wegen eines Bestechungsskandals verhaftet. Iwanow galt als enger Vertrauter von Minister Schoigu. Präsident Wladimir Putin löste nun im Zuge einer Regierungsumbildung Schoigu als Verteidigungsminister ab. Allerdings bekam der 68-Jährige mit der Ernennung zum Sekretär des nationalen Sicherheitsrats einen ehrenvollen Abgang.

Experten sehen die Aufdeckung der Skandale beim Ministerium auch vor dem Hintergrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Nach mehr als zwei Jahren sind die Ergebnisse der russischen Invasion aus Kremlsicht immer noch dürftig.

Selenskij will Ausweitung der Front verhindern

Die Ukraine setzt nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskij alles daran, eine Ausweitung der Front durch Russland zu verhindern. In der seit vergangener Woche angegriffenen Grenzregion bei Charkiw gebe es Gegenangriffe, sagte der Präsident in seiner abendlichen Videobotschaft vom Montag. 

"Das Gebiet ist verstärkt worden." Seiner Darstellung nach lasse die Führung auch andere Frontabschnitte nicht aus dem Auge.

"Natürlich lassen wir die Gebiete um Donezk nicht ohne die nötige Unterstützung und den nötigen Nachschub, nämlich in Richtung Kramatorsk und Pokrowsk." Ebenso werde auf Kupjansk geachtet. "Unsere Aufgabe ist klar: den Versuch Russlands zu vereiteln, den Krieg auszuweiten", sagte Selenskyj.

Nach Einschätzung von Militärexperten ist ein Ziel des neuen russischen Angriffs, die Ukraine zum Abziehen von Truppen an anderen bedrohten Frontabschnitten im Osten zu zwingen. Die Aussagen des Präsidenten gehen darüber hinweg, dass die ukrainischen Verteidiger bei Charkiw unter starkem Druck stehen.

US-Außenminister Blinken in Kiew

US-Außenminister Antony Blinken ist zu einem unangekündigten Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Er kam am Dienstagmorgen mit einem Nachtzug aus Polen an. Bei Blinkens viertem Besuch in Kiew seit Beginn des russischen Angriffskriegs ist unter anderem ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij geplant.

Die Reise solle vor allem ein starkes Signal aussenden, um die Ukrainer zu beruhigen, die offensichtlich "in einer sehr schwierigen" Situation seien, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter im Zug mit Blinken zu Journalisten. Er verwies auf die Kämpfe an der Front im Osten und die Angriffe auf Charkiw.

Erneut Explosionen in russischer Grenzregion Belgorod

Russland meldet erneut einen ukrainischen Luftangriff auf die Grenzregion Belgorod. Dabei seien in der gleichnamigen Regionalhauptstadt etwa zwei Dutzend Häuser und eine Stromleitung beschädigt worden, teilte der Gouverneur der südrussischen Region, Wjatscheslaw Gladkow, mit. Eine Frau habe eine Schrapnellverletzung an der Wirbelsäule erlitten.

Die Luftabwehr habe 25 Raketen über der Region abgeschossen, die von der Ukraine aus von Mehrfachraketenwerfern abgefeuert worden seien, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die Ukraine hat die Angriffe auf Belgorod zuletzt verstärkt. Dabei wurden am Sonntag nach russischen Angaben 15 Menschen getötet, als Teile eines Wohnblocks einstürzten, nachdem das Gebäude von Trümmern abgeschossener Raketen getroffen worden war. Die Ukraine will nach eigenen Angaben mit den Angriffen die Infrastruktur zur Versorgung der russischen Invasionstruppen treffen und spricht von einer Reaktion auf die zahllosen russischen Luftangriffe.

Das Verteidigungsministerium in Moskau machte für die Attacke die Ukraine verantwortlich, die sich seit mehr als zwei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt. Einige Beobachter - sowohl auf russischer als auch auf ukrainischer Seite - ziehen diese Darstellung allerdings in Zweifel. Einige weisen etwa darauf hin, dass ukrainische Totschka-U-Raketen, von denen die russischen Behörden sprechen, für gewöhnlich andere Schäden hervorrufen, als die, die auf Fotos und Videos aus Belgorod zu sehen sind. Eine offizielle Reaktion aus Kiew gab es nicht.

Güterzug entgleist

In der südrussischen Region Wolgograd haben Behördenangaben zufolge unterdessen Unbekannte einen Güterzug zum Entgleisen gebracht. Durch einen Eingriff von Unbefugten seien die Waggons eines Güterzugs im Bahnhof Kotluban entgleist, teilte die russische Bahn mit. Nach ersten Informationen sei niemand verletzt worden. Ein Dieseltank und einige mit Holz beladene Waggons seien in Brand geraten, meldet die staatliche Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Zivilschutzministerium. Es war zunächst nicht klar, ob der Vorfall mit dem russischen Krieg in der Ukraine zusammenhing. Die Ukraine hat nach eigenen Angaben mehrfach Sabotageanschläge auf die russische Bahn verübt, um die Nachschublogistik für die russischen Invasionstruppen auch weit entfernt von den Front zu stören.

Infolge des Angriffskriegs gegen die Ukraine steht auch Russlands Grenzregion immer wieder unter Beschuss. Opfer und Schäden sind dabei allerdings nicht vergleichbar mit den Kriegsfolgen in der Ukraine.

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