Warum Russland ständig mit Atomangriffen von Kaliningrad aus droht

A Sarmat intercontinental ballistic missile is test-launched in Arkhangelsk region
In der vergangenen Woche häuften sich die Atom-Drohungen aus Moskau. Warum ein Angriff auf Europa dennoch unwahrscheinlich bleibt.

Die Angst vor einem russischen Atomschlag ist in Europa aktuell groß wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Befeuert wird sie spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine durch ständige Drohungen aus Moskau, nicht zuletzt von Präsident Wladimir Putin selbst. Erst am vergangenen Wochenende sorgte eine Sendung des russischen Staatssenders Rossija 1 im Netz für Aufsehen, weil der Studiogast Alexej Schurawljow - ein rechtsextremer russischer Politiker - mit den Moderatoren detailliert einen Atomangriff auf Berlin, Paris und London diskutierte.

Die Kernaussage: Neuartige Raketen vom Typ Sarmat, der erst im März von der russischen Armee präsentiert worden war, könnten Berlin von der russischen Exklave Kaliningrad aus in nur 106 Sekunden erreichen - und wären wohl kaum abzufangen.

Westliche Militärexperten sahen in dem Auftritt den Versuch, Angst in Europa zu schüren. Anzeichen darauf, dass Russland tatsächlich einen Angriff mit Atomraketen vorbereite, gebe es derzeit nicht. Der regierungskritische russische Journalist und aktuelle Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow vertrat am Montag dagegen eine andere Ansicht.

Seiner Meinung nach soll durch die ständige Berichterstattung in russischen Medien der Einsatz von Atomwaffen für die russische Bevölkerung akzeptabel gemacht werden, warnte der Chefradakteur der unabhängigen Zeitung "Nowaja Gaseta". "Schon seit zwei Wochen hören wir von unseren Fernsehsendern, dass die Atomsilos geöffnet werden sollten", so Muratow. Und weiter: "Ich würde die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Atomwaffen eingesetzt werden."

Russische Truppen simulieren Atomangriff

Am Donnerstagmorgen gab das russische Verteidigungsministerium dann bekannt, dass "rund einhundert Soldaten" in Kaliningrad den "elektronischen Start" von mit nuklearen Sprengköpfen bestückten Raketensystemen simuliert hätten. Allerdings nicht mit den vom Kreml gepriesenen, modernen Raketen vom Typ Sarmat, sondern mit Kurzstrecken-Varianten vom Typ Iskander.

Das US-Verteidigungsministerium hat bereits vor zwei Wochen auf die anhaltenden Drohungen aus Moskau reagiert und die Gefahr eingeschätzt, die von den modernen Sarmat-Raketen der russischen Armee ausgeht.

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