Panikkäufe: Was Sie über die Katar-Krise wissen müssen

Vier arabische Staaten werfen dem Golfemirat vor, wichtiger Finanzier der Terrormiliz IS zu sein. Am Wochenende hat sich die Krise drastisch verschärft. Fragen und Antworten zur aktuellen Krise.

Hamsterkäufe in einem so reichen Land wie Katar? Vier arabische Staaten haben ihre diplomatischen Verbindungen zum Golfemirat gekappt und die Grenzen geschlossen, wichtige Güter gelangen vorerst nicht mehr ins Land. Die Bürger Katars decken sich in den Supermärkten vorsorglich mit Lebensmitteln ein. Wie ist er zur aktuellen Krise gekommen? Wichtige Fragen und Antworten:

Worum geht es im aktuellen Konflikt?

Saudi-Arabien, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten und Jemen werfen dem kleinen Staat am Persischen Golf unter anderem vor, Terrororganisationen zu unterstützen. Unter anderem unterhält Katar gute Beziehungen zu Saudi-Arabiens Erzrivalen Iran. Am 24. Mai wurden Meldungen veröffentlicht, in denen Katars Emir Positionen den Iran als "islamische Macht" gepriesen hat. Die von Iran unterstützte Palästinenserorganisation Hamas wiederum sei "der legitime Repräsentant des palästinensischen Volks". Hamas-Chef Khalid Meshal lebt seit 2012 im Exil in Doha.

Panikkäufe: Was Sie über die Katar-Krise wissen müssen
grafik

Es kam zu Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Katar, das die Aussagen umgehend dementierte. Die Staatsmedien des Emirats seien Opfer einer Hackerattacke gewesen. Tatsächlich war die Website der staatlichen Nachrichtenagentur stundenlang nicht zu erreichen. Eine Gegendarstellung von Katars Herrscherfamilie wurde in der englischen Tageszeitung Guardian veröffentlicht. Doch für Saudi-Arabien waren die Aussagen ein Affront. "Katar sprengt die Reihen und stellt sich auf die Seite des Feinds", schrieb die saudische Tageszeitung Okaz daily aus Dschidda.

Kommt der Konflikt überraschend?

Nein. Das Verhältnis Katars zu anderen Staaten der Region ist seit langem angespannt. Bereits vor rund drei Jahren hatten Saudi-Arabien, Bahrain und die Emirate ihre Botschafter für einige Monate aus Katar abgezogen. Auch damals warf man Katar vor, eine Terrororganisation (alles zur Muslimbruderschaft) zu unterstützen.

Besonders brisant ist die Beziehung zu Saudi-Arabien. Das kleine Emirat soll klein bleiben, sagen die Saudis. Aber Katars Herrscherfamilie Al-Thani hat ihren Gasreichtum eingesetzt, um globalen Einfluss zu gewinnen, etwa durch Investitionen in den TV-Sender Al Jazeera oder mit der Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2022.

Nicht nur das. Die Al-Thanis kommen der regionalen Vormacht Saudi-Arabien mit einer eigenen Außenpolitik regelmäßig in die Quere kommt. Katar hatte die Aufstände des "Arabischen Frühlings" nach 2011 über den Sender Al Jazeera unterstützt. Zudem gibt das Land der Muslimbruderschaft Rückendeckung, die von Saudi-Arabien als Terrororganisation eingestuft wird.

Welche Sanktionen wurden konkret umgesetzt?

Saudi-Arabien, Bahrain und die VAE haben in einem koordinierten Vorgehen am Montag die Grenzen geschlossen. Sie forderten zudem Bürger Katars binnen 14 Tagen zur Ausreise auf. Katarische Diplomaten müssen die betroffenen Staaten innerhalb von 48 Stunden verlassen.

Darum ist der Konflikt so brisant

Katar gilt für viele Länder als Störfaktor in der Region. Der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien ringen um die Vorherrschaft über den Golf. Eine von den Saudis geführte Militärallianz kämpft im Jemen-Krieg gegen schiitische Huthi-Rebellen. Katar war Mitglied, soll das Bündnis nun verlassen.

Panikkäufe: Was Sie über die Katar-Krise wissen müssen

Bahrain, ein Verbündeter Saudi-Arabiens, sieht sich mit Protesten der schiitischen Bevölkerungsmehrheit konfrontiert. Das Herrscherhaus von Bahrain ist sunnitisch.

Sowohl Saudi-Arabien als auch Katar sind Verbündete der USA. Südlich der Hauptstadt Doha befindet sich der größte Stützpunkt der US-Armee in der arabischen Welt. Auf der Luftwaffenbasis Al-Udeid sind mehr als 10.000 US-Soldaten stationiert.

Wichtig zu erwähnen ist das Timing des Konflikts. Denn US-Präsident Donald Trump war vor wenigen Tagen in Saudi-Arabien und sicherte den Saudis Waffenverkäufe in Höhe von 110 Milliarden Dollar zu. Saudi-Arabien war der große Gewinner von Trumps erster Nahost-Reise. Und dass Trump nicht gut auf den Iran zu sprechen ist, ist bekannt.

Was bedeutet das für Bürger Katars?

Die Einwohner räumen die Supermärkte leer, die Finanzwebsite "Zawya" berichtet von " Panikkäufen". Der Grund: Der kleine Staat muss viele Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier und Fleisch importieren. Doch mit den Grenzsperren gelangen diese Lebenmittel nicht mehr (vor allem über Saudi-Arabien) hinein.

Ist auch der Flugverkehr betroffen?

Panikkäufe: Was Sie über die Katar-Krise wissen müssen
(FILES) This file photo taken on December 22, 2014 shows a Qatar Airways A350 taking off from the Airbus headquarters in Toulouse. Qatar Airways on June 6, 2017 announced it had suspended all flights to Saudi Arabia, the UAE, Bahrain and Egypt, in the wake of a diplomatic boycott against Doha by regional powerhouses. / AFP PHOTO / REMY GABALDA

Ja. Wichtige Fluggesellschaften wie Etihad und Emirates kündigten an, ab Dienstag alle Flüge von und nach Doha auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Ägypten schloss den Luftraum für Flugzeuge aus Katar, was das Luftdrehkreuz Doha gefährden könnte, über das auch europäische Passagiere nach Asien fliegen.

Es wird mit erheblichen Störungen im Flugplan gerechnet, vor allem bei Qatar Airways. Qatar Airways setzt bis auf weiteres alle Flüge nach Bahrain, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate aus. Die Flüge nach Saudi-Arabien wurden bereits am Montag gestoppt.

Warum ist das kleine Emirat eigentlich so reich?

Das Emirat Katar im Osten der arabischen Halbinsel ist geografisch mit 11.627 km² zwar eine Spur kleiner als Oberösterreich, gewinnt international aber sowohl politisch als auch wirtschaftlich immer mehr an Bedeutung. Große Vorkommen an Erdöl und Erdgas machten Katar zu einem der reichsten Länder der Erde. Katar ist der Staat mit dem höchsten Pro-Kopf Einkommen 2016, noch vor Luxemburg und Singapur (Quelle: Global Finance Magazine).

Land mit höchstem Pro-Kopf-Einkommen in US-Dollar (2016)
1 Katar 129.726
2 Luxemburg 101.936
3 Singapur 87.082

Wirkt sich die Krise auf den Ölpreis aus?

Panikkäufe: Was Sie über die Katar-Krise wissen müssen
A picture shows the Ras Laffan Industrial City, Qatar's principal site for production of liquefied natural gas and gas-to-liquid, administrated by Qatar Petroleum, some 80 kilometers (50 miles) north of the capital Doha, on February 6, 2017. The head of energy giant Qatar Petroleum has shrugged off fears that any potential protectionist policies pursued by US President Donald Trump would impact on global oil and gas markets. Saad Al-Kaabi -- who heads state-owned QP, the largest exporter of Liquid Natural Gas and one of the biggest oil companies in the world -- said he expected US policy to remain similar to that exercised under previous presidents. / AFP PHOTO / KARIM JAAFAR

Kaum. Die Preise für Öl verharren weiter auf dem niedrigen Niveau, das sie Ende der vergangenen Woche nach demAusstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommenerreicht hatten. Viele Experten gehen davon aus, dass der Streit wenig Einfluss auf die Förderung der beteiligten Länder wie Saudi-Arabien und Katar haben wird.

Wie reagiert Katar?

Katar will sich mit Hilfe Kuwaits aus seiner diplomatischen und wirtschaftlichen Isolation in der Golf-Region befreien. Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani gam Dienstasagte, sein Land sei bereit zur Beilegung der Krise mit Hilfe der Vermittlung Kuwaits. Katar "glaubt, solche Differenzen zwischen Schwester-Staaten müssen durch Dialog gelöst werden", sagte er dem Sender Al-Jazeera.

Kuwaits Herrscher Scheich Sabah al-Ahmad al-Dschabir as-Sabah wird nach Aussage von Insidern aus der Golfregion noch am Dienstag nach Saudi-Arabien reisen, um mit dem saudischen König die Krise zu erörtern. Als Zeichen des guten Willens verzichtete Katar zunächst auf Gegenmaßnahmen. Auf die Sanktionen werde nicht reagiert, sagte der Außenminister. Zudem hat nach seinen Worten Katars Herrscher in einem Telefonat mit dem kuwaitischen Regierungschef zugesagt, ein Ansprache an die Bevölkerung seines Landes zu verschieben.

Könnte es Auswirkungen auf die Fußball-WM 2022 geben?

Panikkäufe: Was Sie über die Katar-Krise wissen müssen
A picture taken with a fisheye lens on May 18, 2017, shows a general view of the Khalifa International Stadium in Doha after it was refurbished ahead of the Qatar 2022 FIFA World Cup. Up to 1.3 million fans will visit Qatar during the 2022 World Cup, according to Nasser Al-Khater, a senior figure with the body organising Qatar's World Cup, a figure equivalent to half the Gulf country's current population. / AFP PHOTO / KARIM JAAFAR

Vom 21. November bis 18. Dezember 2022 soll in Katar die Fußball-WM stattfinden. Es wäre das erste FIFA-Turnier, das in den europäischen Wintermonaten stattfinden würde. Nach den jüngsten Vorwürfen gegen das Emirat hat DFB-Präsident Reinhard Grindel einen WM-Boykott nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen. "Es sind noch fünf Jahre bis zum Anpfiff der WM. In dieser Zeit müssen politische Lösungen vor Boykott-Androhungen den Vorrang haben. Aber eines steht unabhängig davon fest: Grundsätzlich sollte sich die Fußballgemeinschaft weltweit darauf verständigen, dass große Turniere nicht in Ländern gespielt werden können, die aktiv den Terror unterstützen", sagte der Präsident des Deutschen Verbandes, der auch im Council des Fußball-Weltverbandes sitzt. Die FIFA selbst hat die neuen Entwicklungen noch nicht kommentiert. Man sei "in regelmäßigem Kontakt" mit dem lokalen Organisationskomitee und weiteren Stellen.

Was sollte man über das Golfemirat wissen?

Panikkäufe: Was Sie über die Katar-Krise wissen müssen
FILE PHOTO: Emir of Qatar Sheikh Tamim bin Hamad al-Thani attends the 25th Arab Summit in Kuwait City, March 25, 2014. REUTERS/Hamad I Mohammed/File Photo

Die Hauptstadt der Erbmonarchie ist Doha. Regiert wird das Land von Emir Scheich Tamim bin Hamad Al Thani. Die Amtssprache arabisch. Die Bevölkerungszahl ist in den vergangenen Jahrzehnten massiv gestiegen - von knapp 50.000 in den 1950er Jahren auf mehr als 2,6 Millionen Menschen im Jahr 2016. In Katar gilt die Todesstrafe.

Kommentare