Experte über Nordkorea-Konflikt: Trump könnte Durchbruch schaffen

Militärparade in Pjöngjang
Am Abend soll im UN-Sicherheitsrat über einen abgeschwächten Resolutionsentwurf entscheiden werden. Laut einem UN-Bericht sind die meisten UN-Sanktionen gegen Nordkorea aber eher wirkungslos.

Der Nordkorea-Experte Rüdiger Frank kann der Unberechenbarkeit von US-Präsident Donald Trump im Konflikt mit Pjöngjang etwas Positives abgewinnen: "Es gibt Leute, die eine gewisse Hoffnung haben, dass Donald Trump, gerade weil er so unberechenbar ist, den Durchbruch schaffen kann, den seine Vorgänger nicht geschafft haben", sagte Frank am Sonntagabend in der ORF-Diskussionsendung Im Zentrum.

Experte über Nordkorea-Konflikt: Trump könnte Durchbruch schaffen
US President Donald Trump speaks about Hurricane Irma upon return to the White House in Washington, DC on September 10, 2017. Trump returned to Washington after spending the weekend at the Camp David presidential retreat. / AFP PHOTO / MANDEL NGAN
So habe Trump anders als sein Vorgänger Barack Obama die "Denuklearisierung" Nordkoreas nicht explizit zur Bedingung für Gespräche mit Pjöngjang gemacht, sagte der Leiter des Ostasieninstituts der Universität Wien. Außerdem habe er noch "gar nicht über Menschenrechte in Nordkorea geredet", was in der Vergangenheit ein Totschlagsargument gewesen sei. Man solle abwarten, ob Trump und Kim "nicht vielleicht doch zusammenkommen", plädierte Frank gegen eine allzu starke Fixierung auf das "Getöse" von Trumps martialischen Ansagen in Richtung Pjöngjang.

Frank: Ölembargo keine Lösung

Skeptisch zeigte sich Frank zum von den USA angepeilten Ölembargo gegen Nordkorea. "Ich denke nicht, dass es eine Lösung ist", sagte er. Das Land verfüge nämlich über große Reserven in unterirdischen Lagern und könnte 40 Prozent seiner Ölimporte substituieren, sieht der Experte geringe Chancen, das nordkoreanische Militär mit dieser Maßnahme zu stoppen. Leiden würden vielmehr die Bürger Nordkoreas. "Wer Nordkorea den Ölhahn zudreht, nimmt eine Hungersnot in Kauf", warnte Frank.

Frank sagte weiter, dass er nicht an einen atomaren Erstschlag Nordkoreas glaube. Das Vorgehen des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un habe auch eine innenpolitische Komponente. Er habe "ein Problem, die Leute bei der Stange zu halten" und setze daher auf ein "permanentes Bedrohungsszenario".

USA legten abgeschwächten Sanktionsentwurf vor

Die USA hatten zuvor dem UN-Sicherheitsrat einen abgeschwächten Resolutionsentwurf zu Nordkorea vorgelegt. In der neuen Beschlussvorlage sind bestimmte Sanktionen nicht mehr enthalten, wie Diplomaten am Montag in New York berichteten. So soll etwa das Auslands-Vermögen des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un nicht mehr eingefroren werden. Damit gehe Washington auf Russland und China zu, hieß es.

Veto-Mächte China und Russland

Die Zustimmung der beiden Vetomächte gilt als ungewiss. In dem neuen Entwurf wurden manche Sanktionen laut Diplomaten abgemildert. So ist zwar weiterhin ein Ölembargo gegen Nordkorea vorgesehen. Allerdings soll es schrittweise in Kraft treten und nicht sofort in vollem Umfang, wie zunächst vorgesehen. Die geplanten Durchsuchungen verdächtiger nordkoreanischer Schiffe auf hoher See sollen mit weniger Härte geschehen als bisher geplant. Zugeständnisse machte Washington offenbar auch beim Status von Nordkoreanern, die im Ausland arbeiten. Die Abstimmung im UN-Sicherheitsrat ist für heute Abend geplant.

UNO-Bericht: Nordkorea umgeht zunehmend internationale Sanktionen

Dabei scheinen die meisten Sanktionen in der Vergangenheit sowieso eher wirkungslos gewesen zu sein. Nordkorea umgeht laut einem aktuellen UNO-Bericht zunehmend die gegen das Land verhängten internationalen Sanktionen. Pjöngjang umgehe weiterhin das Waffenembargo, die Finanzsanktionen sowie die strikten Strafmaßnahmen in weiteren Bereichen, heißt es in dem am Wochenende vorgelegten Bericht von UNO-Experten. Je mehr Sanktionen verhängt würden, desto zahlreicher seien auch die Umgehungen.

Experte über Nordkorea-Konflikt: Trump könnte Durchbruch schaffen
This undated picture released by North Korea's official Korean Central News Agency (KCNA) on September 2, 2017 shows North Korean leader Kim Jong-Un (C) attending a photo session with participants of the fourth conference of active secretaries of primary organisations of the youth league of the Korean People's Army (KPA) in Pyongyang. / AFP PHOTO / KCNA VIA KNS / STR / South Korea OUT / REPUBLIC OF KOREA OUT ---EDITORS NOTE--- RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO/KCNA VIA KNS" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS THIS PICTURE WAS MADE AVAILABLE BY A THIRD PARTY. AFP CAN NOT INDEPENDENTLY VERIFY THE AUTHENTICITY, LOCATION, DATE AND CONTENT OF THIS IMAGE. THIS PHOTO IS DISTRIBUTED EXACTLY AS RECEIVED BY AFP. /
Pjöngjang umgehe etwa die finanziellen Sanktionen durch Agenten im Ausland, die im Namen "nationaler Einheiten" Finanztransaktionen vornähmen. Darüber hinaus exportiere das abgeschottete Land weiterhin "praktisch alle von den UNO-Resolutionen betroffenen Produkte". Dies habe Nordkorea im Untersuchungszeitraum von Februar bis August des heurigen Jahres mindestens 270 Millionen Dollar (224 Millionen Euro) eingebracht. 90 Prozent der nordkoreanischen Exporte gehen nach China. Peking war in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen worden, sich nicht vollständig an die UNO-Resolutionen gegen Nordkorea zu halten. Zuletzt versicherte Peking jedoch mehrfach die vollständige Einhaltung.

Trotz der "striktesten gezielten Sanktionspolitik in der Geschichte der Vereinten Nationen" habe Nordkorea im Untersuchungszeitraum "erhebliche Fortschritte im Bereich von Massenvernichtungswaffen gemacht", heißt es in dem UNO-Bericht. 2017 habe Pjöngjang 14 Raketentests vornehmen können, davon zwei Interkontinentalraketentests. Der Bericht wurde noch vor dem Abschuss einer nordkoreanischen Rakete Mitte August über Japan hinweg sowie dem Atomtest Anfang September fertiggestellt.

Staats- und Regierungschefs fordern gemeinsame Reaktion

Die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Japans und der USA sprachen sich in einem Telefonat für eine gemeinsame Reaktion der internationalen Gemeinschaft aus. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, die "wiederholten Provokationen" aus Pjöngjang seien "eine Gefahr für den Frieden und die internationale Sicherheit". Sie erforderten eine entschlossene Antwort.

Merkel bietet sich als Vermittlerin an

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bot diplomatische Hilfe bei der Konfliktlösung an. "Wenn unsere Beteiligung an Gesprächen gewünscht wird, werde ich sofort Ja sagen", sagte Merkel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Zur Begründung verwies sie auf die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, an denen Deutschland neben den fünf Vetomächten im UNO-Sicherheitsrat (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) teilgenommen hatte. Es habe sich um "eine lange, aber wichtige Zeit der Diplomatie" gehandelt, die im vergangenen Jahr zu einem "guten Ende" gekommen sei. "Ein solches Format könnte ich mir auch für die Beilegung des Nordkorea-Konflikts vorstellen." Die Kanzlerin will der Zeitung zufolge am Montag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonieren, der sich gegen weiteren Druck auf Nordkorea ausgesprochen hatte.

NATO schaltet sich ein

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte die Weltgemeinschaft im Nordkorea-Konflikt zu Geschlossenheit auf. "Das rücksichtslose Verhalten Nordkoreas ist eine globale Bedrohung und erfordert eine globale Antwort", sagte Stoltenberg am Sonntag im britischen TV-Sender BBC. "Das schließt natürlich auch die NATO mit ein." Das westliche Verteidigungsbündnis ist in den Streit nicht direkt verwickelt, hat Nordkorea aber wiederholt zur Aufgabe seines Atom- und Raketenprogramms aufgefordert.

"Wir sind jetzt alle ganz darauf fokussiert, wie wir zu einer friedlichen Lösung des Konflikts beitragen können", sagte der NATO-Generalsekretär. Stoltenberg wollte sich nicht dazu äußern, ob ein Angriff auf das US-Territorium Guam - wie ihn Nordkorea androht - unter den Artikel 5 der NATO-Charta fällt. Die Regelung verpflichtet die Partner im Falle eines Angriffs zum gegenseitigen Beistand. "Ich möchte nicht darüber spekulieren, ob der Artikel 5 in einer solchen Situation angewandt wird", sagte Stoltenberg. Der US-Militärstützpunkt Guam liegt im Pazifik südlich der koreanischen Halbinsel.

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