Stellte Trump Deutschland eine Rechnung aus?

Der US-Präsident soll laut einem Bericht der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Rechnung in Höhe von 346 Milliarden Euro überreicht haben. Das Weiße Haus und die Merkel-Sprecher dementieren.

Als sich Mitte März US-Präsident Donald Trump und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Washington - mehr oder weniger - die Hände reichten, soll auch ein kleiner Zettel überreicht worden sein. Laut der britischen The Times stellte Trump Deutschland ein Rechnung über 370 Milliarden Dollar (346 Milliarden Euro) aus. Der Grund: Genau so viel Geld schulde Deutschland dem westlichen Militärbündnis NATO.

Nach Informationen des britischen Mediums soll ein deutscher Minister die Rechnung "empörend" genannt haben. "Die Idee hinter solchen Forderungen ist es, die andere Seite zu provozieren, aber die Kanzlerin nahm das gelassen und wird auf solche Provokationen nicht reagieren."

Das Weiße Haus hat auf Nachfrage des US-amerikanischen TV-Senders CNBC den Kassa-Bon dementiert. Ebenso Steffen Seibert, Sprecher der deutschen Regierung. "Der Bericht stimmt so nicht", sagte er am Montag.

Stellte Trump Deutschland eine Rechnung aus?
TOPSHOT - US President Donald Trump and German Chancellor Angela Merkel hold a joint press conference in the East Room of the White House in Washington, DC, on March 17, 2017. / AFP PHOTO / SAUL LOEB

"Kein Schuldenkonto in der NATO"

Fakt ist allerdings, dass Donald Trump schon mehrmals die NATO-Mitgliedsstaaten gemahnt hat, ihre "Schulden" zu tilgen - auch Deutschland nahm er ins Visier. Bereits in der gemeinsamen Pressekonferenz hatte der US-Präsident im Hinblick auf Verteidigungsausgaben gesagt: "Viele Nationen schulden aus vergangenen Jahren massive Geldsummen. Diese Nationen müssen das bezahlen, was sie schulden."

Die Logik dahinter: Deutschland habe sich durch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der rot-grünen Regierungszeit 2002 erstmals zu der Selbstverpflichtung der NATO-Staaten bekannt, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Sicherheit auszugeben. In Washington rechnete man einfach die Differenz zwischen diesem Ziel und den tatsächlichen Verteidigungsausgaben seit 2002 hoch. Daraus ergeben sich in der Tat riesige Summen, die die jährlichen Steuereinnahmen Deutschlands deutlich übersteigen.

https://twitter.com/realDonaldTrump/status/843088518339612673
Donald J. Trump (@realDonaldTrump

Auch kurz nach dem Washington-Besuch von Merkel hieß es dementsprechend auf Twitter, Deutschland schulde den USA und der Nato "riesige Summen". In einem Interview im Jänner erklärte er außerdem, dass die Allianz "obsolet" sei, weil viele Staaten nicht das zahlen würden, was sie zahlen sollten.

https://twitter.com/realDonaldTrump/status/843090516283723776
Donald J. Trump (@realDonaldTrump

Deutschland hat zwar zugesagt, seine Verteidigungsausgaben zu erhöhen, aber damit sind keine direkten Zahlungen an die NATO oder gar die USA verbunden. "Es gibt kein Schuldenkonto in der NATO", sagte etwa Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die deutsche Regierung zählt vier Gründe gegen Trumps Schuldenvorwurf auf:

  1. Die 2002 beschlossene Selbstverpflichtung der NATO-Staaten bedeutet nicht, Geld an die USA oder die NATO zu zahlen. Es gehe vielmehr um eine innenpolitische "Richtschnur" der NATO-Regierungen, also um die Erhöhung der nationalen Ausgaben für Verteidigung. Bei den direkten Zahlungen an die NATO und ihren Einrichtungen rangiert Deutschland an zweiter Stelle hinter den USA.
  2. In Wales wurde 2014 beschlossen, das Zwei-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2024 zu erreichen. Daraus folgt, dass es gar keine Rückforderungen aus den Jahren zuvor geben kann.
  3. Es stimmt zwar, dass Deutschland früher und auch heute sehr stark auf die Verteidigung der eigenen Sicherheit durch die USA angewiesen sei. Aber der mögliche Entlastungseffekt der USA durch höhere Beiträge der Partner lässt sich nicht einfach errechnen. Außerdem würden die großen US-Militäreinrichtungen in Deutschland mit immerhin 35.000 Soldaten auch ganz eigenen US-Interessen dienen.
  4. Für Merkel tragen auch UNO-Entwicklungsausgaben ebenso zur Sicherheit bei. Und hier sieht die Bilanz der USA extrem schlecht aus. Statt 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit geben die Vereinigten Staaten nur 0,17 Prozent aus. Also "schulden" die USA der UNO ein Bündel Geldscheine - im Billionen-Bereich.

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