Nächster toter Schwarzer: Statistik spricht eindeutige Sprache

‘March on Georgia’ sponsored by the Georgia NAACP in Atlanta, Georgia
Für einen Afroamerikaner ist das Risiko, durch Polizeigewalt ums Leben zu kommen, etwa drei Mal so hoch, wie für einen Weißen.

Auf George Floyd folgt der Fall Rayshard Brooks in Atlanta: Unverhältnismäßige Polizeigewalt gegenüber Afroamerikanern - mit Todesfolge - ist derzeit das große Thema in den USA. Doch unterscheidet die US-Polizei tatsächlich zwischen Ethnien, wenn es um den Einsatz von Gewalt geht? Tendenz: Ja.

Die am ehesten landesweit anerkannte Statistik zum Thema "Polizeigewalt" führt die Washington Post. Sie könnte eindeutiger kaum sein, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet: Für einen Afroamerikaner ist das Risiko, durch Polizeigewalt ums Leben zu kommen, etwa drei Mal so hoch, wie für einen Weißen.

Auch diese Statistik hat Lücken, sammelt unvollständige Zählungen von US-Behörden, ergänzt sie durch Medienberichte. Sie unterscheidet auch nicht, ob der mutmaßliche Täter bewaffnet war oder nicht - eine durchaus evidente Verzerrung. Insgesamt lässt sie dennoch folgenden Rückschluss zu: Hochgerechnet auf eine Million Einwohner wurden in den USA seit 2015 30 schwarze, zwölf weiße und 23 Amerikaner lateinamerikanischer Herkunft bei Polizeieinsätzen getötet. Getötete Schwarze sind häufiger unbewaffnet und im Schnitt jünger.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Wohnort der Opfer. Afroamerikaner leben besonders häufig an der Ostküste und im Süden der USA. Die Mehrheit ihrer Vorfahren kam im 17. Jahrhundert ins Land - als Sklaven. Die Farmen, auf denen sie zwangsbeschäftigt wurden, lagen hauptsächlich im Süden, in den US-Bundesstaaten Texas, Florida und Georgia. Die Sklaverei wurde in den USA zwar "bereits" 1875 abgeschafft, die sogenannte "Rassentrennung" bekanntlich allerdings erst 1964.

Gänzlich beseitigt sind diese Unterschiede allerdings noch lange nicht. In besagten Bundesstaaten werden Schwarze häufiger bei Polizeieinsätzen getötet, als an anderen Orten. Signifikant sind in diesem Zusammenhang ökonomische Faktoren. Afroamerikaner sind im Schnitt deutlich öfter von Arbeitslosigkeit betroffen, was die leicht höhere Kriminalitätsrate erklärt. Nur 23 Prozent der Afroamerikaner haben einen Hochschulabschluss, bei einem landesweiten Durchschnitt von 33 Prozent. Und obwohl Schwarze nur 13 Prozent der US-Bevölkerung stellen, sind 70 Prozent der Corona-Toten in den USA dunkelhäutig.

Mutmaßliche Tötung

Der dreifache Familienvater Rayshard Brooks passt hier ins Profil. Atlanta, wo er am Freitag bei einem Polizeieinsatz getötet wurde, liegt im US-Bundesstaat Georgia. Der Vorfall wird mittlerweile als Tötungsdelikt geprüft. Der Beamte, der Brooks mit zwei Schüssen getötet hatte, wurde am Samstag entlassen.

Staatsanwalt Paul Howard sagte laut der Lokalzeitung Atlanta Journal-Constitution, seine Behörde werde bis Mitte der Woche entscheiden, ob gegen den Polizisten, der die tödlichen Schüsse abgefeuert haben soll, Anklage erhoben werde.

Elektroschocker entwendet

Brooks war am Freitagabend bei einem Polizeieinsatz in Atlanta, der Hauptstadt von Georgia, vor einem Schnellrestaurant von einem Beamten angeschossen worden und kurz darauf im Krankenhaus gestorben. Nach Darstellung des Kriminalamts von Georgia (GBI) war die Polizei gerufen worden, weil der offenbar angetrunkene Brooks in seinem Auto eingeschlafen war und die Einfahrt zu dem Restaurant blockiert hatte. Die herbeigerufenen Polizisten hätten einen Alkoholtest bei Brooks vorgenommen und dann versucht, den 27-Jährigen in Gewahrsam zu nehmen.

Aufnahmen der Sicherheitskamera zeigen laut GBI, dass sich Brooks seiner Festnahme widersetzte und den Beamten einen Elektroschocker abnahm und flüchtete. Im Laufe der Verfolgungsjagd soll Brooks den Elektroschocker auf einen der Beamten gerichtet haben, woraufhin dieser auf Brooks geschossen haben soll. Brooks sei in ein Krankenhaus gebracht worden, dort jedoch seinen Verletzungen erlegen, heißt es in dem Bericht der Behörde. Auch einer der an dem Einsatz beteiligten Polizisten sei verletzt worden.

Autobahn blockiert

Brooks' Tod führte in Atlanta zu erneuten heftigen Protesten gegen Polizeigewalt. Dabei blockierten Demonstranten auch eine Autobahn. Bereits in den vergangenen Wochen waren in der Südstaaten-Metropole zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen, um gegen den Tod des Afroamerikaners George Floyd Ende Mai bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis zu demonstrieren.

Die USA werden seit Wochen von landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus in Atem gehalten. US-Präsident Donald Trump steht wegen seines Umgangs mit den Protesten in der Kritik. Er hatte gedroht, das Militär einzusetzen, um gegen die Unruhen am Rande der Demonstrationen vorzugehen. Das Pentagon distanzierte sich deutlich von Trumps Drohung und wies darauf hin, dass dafür die Nationalgarde zuständig sei.

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