GroKo? Martin Schulz in der Koalitions-Klemme

SPD-Chef Martin Schulz steht unter Druck
Der SPD-Chef sorgt mit seinem kategorischen Nein zur Großen Koalition für Unmut. Kann ihn Bundespräsident Steinmeier aus der Schmollecke treiben?

Es war ein kurzer Moment der Genugtuung, als Martin Schulz nach einem zermürbenden Wahlkampf und dessen fatalen Ende am Podest in der Willy-Brandt-Zentrale stand und die "Erlösung" verkündete: keine Große Koalition mehr, raus aus den Fängen der Union, rein in die Rolle der Opposition.

Auf den frenetischen Jubel sollten harte Wochen folgen. Schulz blieb zwar Chef, traf aber Personalentscheidungen, die einigen missfielen und kämpfte um seine Autorität.

Die wird jetzt erneut auf die Probe gestellt. Denn nach dem Scheitern der "Jamaika"-Sondierungen sehen viele die Sozialdemokraten in der Pflicht: auch sein ehemaliger Parteifreund Frank-Walter Steinmeier wird ihn morgen im Gespräch daran erinnern. Anders als der SPD-Chef, bevorzugt das Staatsoberhaupt vorerst keine Neuwahlen ("Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, der darf sich nicht drücken, wenn man sie in den Händen hält").

In diesen Tenor stimmten nach dem "Jamaika"-Aus Vertreter von Union bis Grüne ein. Selbst in den Reihen der roten Genossen rückt man langsam vom kategorischen Nein zur Großen Koalition ab. Johannes Kahrs, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, forderte Schulz auf, offen in das Gespräch mit Steinmeier zu gehen. "Nach dem Aus von Jamaika haben wir eine neue Situation."

Also, doch lieber mitregieren und ein bisschen Sozialdemokratisches unterbringen? Für diesen Fall müsste die SPD eine neue Erzählweise finden, warum sie sich erneut als Retter anbietet. Nach dem Sondierungs-Aus mit den Grünen sprang sie 2013 als Partner ein. Sie konnte der Union zwar im Koalitionsvertrag Zugeständnisse abringen, vier Jahre später ging sie dennoch als großer Verlierer aus der Wahl. Grund genug, warum sich viele auf die Oppositionsbank freuten. Dort hätte die Partei ihren neuen Kurs finden können, um das seit Jahren schwelende Glaubwürdigkeitsproblem zu lösen.

"GroKo-light"?

Diese Chance wäre verspielt, würde sie jetzt nachgeben. Ähnlich wie Schulz sieht es auch Oppositionsführerin Andrea Nahles. Sie würde aber als Alternative zu Neuwahlen und einer Großen Koalition eine unionsgeführte Minderheitsregierung tolerieren – also keine Koalition eingehen, aber mitgestalten. Damit spielt Nahles den Ball zurück an CDU/CSU, die die Sozialdemokraten drängen.

Martin Schulz bleibt nicht viel Zeit. Dass er nun in der Ecke steht, sei auch selbst verursacht, meinen Beobachter. Noch am Wahlabend schaltete er, selbst für den Geschmack Wohlmeinender, zu schnell auf Angriff. Er sagte nicht nur die "GroKo" ab, sondern teilte kräftig gegen die Kanzlerin aus, was angesichts seiner Zurückhaltung im Wahlkampf irritierte. Ebenso sein Vorpreschen vergangenen Sonntag, als er tönte, nicht ihren Retter spielen zu wollen. Etwas mehr Ruhe und Bedenkzeit wäre angebracht gewesen, kritisiert Politologe Thorsten Faas. Schulz habe dem Ganzen einen Spiel-Charakter gegeben, das stelle die Bedeutung von Wahlen in Frage.

Ebenso fraglich ist, ob er bei den von ihm bevorzugten Neuwahlen als Kandidat antritt. Noch vielmehr Sorgen macht einigen Genossen, dass es kaum Zeit gebe, um neue Themen zu entwickeln. Und auch der Frage- "GroKo" würde sie im Wahlkampf nicht entkommen.

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