Dann unterhält er sich mit Govindhasamy, die sich dafür entschuldigt, nicht perfekt Hindi zu sprechen. Und als sie erzählt, dass ihre Zuseher am liebsten Videos darüber ansehen, wie groß und wichtig Indien ist, sagt er ihr, sie leiste einen wichtigen Beitrag für das Land. Govindhasamy steht in der Kritik, weil ihre Geschichtsauffassung oft mit rechten Narrativen übereinstimmt oder nicht wissenschaftlich belegt ist.
Modi will bei den Jungen punkten
Bei den rund 20 anderen Kategorien - vom „Kulturellen Botschafter des Jahres“ bis zur „Traditions-Modeikone“ - lief die Verleihung ähnlich ab. Das Event ist nur ein Beispiel dafür, wie Modi über Influencer versucht, bei der am Freitag gestarteten und noch bis 1. Juni dauernden Wahl bei deren jungen Zusehern zu punkten.
So ging er auch bereits mit dem Fitness-Influencer Ankit Baiyanpuria Müllsammeln und spielte kurz vor Wahlbeginn mit den Gaming-Stars des Landes Videospiele. Auftritte wie diese dürften nicht nur Modis Beliebtheit steigern, sondern führen auch bei den Influencern zu erhöhten Zugriffszahlen.
Dass Politiker soziale Medien und Influencer für Wahlkampagnen nutzen, ist längst auf der ganzen Welt üblich geworden. In der indischen Parteienlandschaft aber beherrscht dieses Handwerk derzeit kaum jemand so gut wie Modis Bharatiya Janata Party (BJP). Die indische Journalistin Barkha Dutt bezeichnete Modi gar als „Indiens obersten Influencer“.
Wer nicht lesen kann, kann oftmals YouTube schauen
So wie Modi bereits seit Jahren die Macht der indischen Filmindustrie für sich zu nutzen weiß, hat er auch das riesige Potenzial erkannt, das in sozialen Netzwerken steckt. Die Inder zählen weltweit zu den Top-Internetnutzern. Und viele Teenager, die nicht lesen können, können trotzdem im Internet surfen und YouTube-Videos anschauen - schließlich nutzt fast eine halbe Milliarde Menschen die Plattform.
Politischen Analysten zufolge ist der Fokus auf Influencer Teil einer größeren und schon länger andauernden Strategie, mit der Modi junge Wähler ansprechen will. Auch die seit 2018 jährlich stattfindende Veranstaltung „Pariksha Pe Charcha“ (dt. „Diskussion über Prüfungen“) fällt in diese Kategorie. Hier tauscht Modi sich mit Lehrern, Eltern und Schülern aus und gibt ihnen Lerntipps.
Trotz hoher Arbeitslosigkeit
Bereits 2019 wählte mehr als die Hälfte der unter 25-Jährigen die BJP. Auch bei dieser Wahl dürfte Modi wohl wieder viele ihrer Stimmen erhalten. Dabei ist die hohe Arbeitslosigkeit - ein Punkt, bei dem Experten häufig von einem Scheitern Modis sprechen - die größte Sorge junger Inder: mehr als 40 Prozent der Hochschulabsolventen unter 25 waren 2023 ohne Job, so eine Umfrage der Azim Premji Universität in Bangalore.
"Selbst unter denjenigen, die die Arbeitslosigkeit als großes Problem bezeichnen, wählt ein großer Teil Modi, weil es diesen Zusammenhang nicht gibt", wird Vibha Attri vom Forschungsinstitut Lokniti in Neu-Delhi von der Washington Post zitiert. Das sei so, "weil es keine Alternative gibt. Modi ist der einzige Führer, den sie kennen.“ Die indische Medienlandschaft gilt als BJP-dominiert, kritische Journalisten berichten immer wieder von politischem Druck.
Auf Kritiker übt man Druck aus
Was der BJP offensichtlich gar nicht passt: wenn mit ihren eigenen Mitteln gegen sie gekämpft wird. Der in Deutschland lebende indische YouTuber Dhruv Rathee zählte kürzlich in einem Video mit dem Titel „Wird Indien zur Diktatur?“ eine halbe Stunde lang Gründe auf, warum die Demokratie Indiens unter Modi in Gefahr ist. 24 Millionen Menschen haben das Video bereits angeschaut.
Zwar hat die Regierung sich nicht öffentlich zu Rathee geäußert, regierungsnahe Medien feinden ihn jedoch massiv an. Auch sogenannteTrolle seien „von einer bestimmten Partei“ auf ihn angesetzt worden, um seinen Ruf zu zerstören, erzählte er der Tagesschau.
Kommentare