"Zensur hat zugenommen"
„(Regierungschef Narendra, Anm.) Modi ist der Erste, der die Macht Bollywoods so richtig versteht“, sagt Bhaskar. Die Regierung wisse, „wie wichtig und beliebt das Kino in Indien ist. Also versuchen sie, es zu kontrollieren.“ Wie? „Die Zensur hat zugenommen. Filmemacher müssen mit ihren Botschaften vorsichtiger sein.“
Wer sich der Regierungslinie nicht anschließt, dem drohen Vertreter von Modis Partei BJP mit Verboten oder rechtlichen Schritten, hört man aus Bollywood. „Oft ist es Selbstzensur – Produzenten wollen sich keine Probleme machen. Manchmal werden sie aber auch von Politikern aufgefordert, bestimmte Szenen aus ihren Filmen zu kürzen“, so Bhaskar. Sonst könne man Schwierigkeiten mit der Freigabe bekommen. Auch „indirekte“ Filmförderungen sollen hier eine Rolle spielen.
Und Schauspieler, die sich regierungskritisch äußern, würden kaum noch gecastet – diese Erfahrung musste laut Bhaskar auch ihrer Tochter Swara Bhaskar bereits machen. Sie habe heute große Probleme, Rollen zu bekommen.
"Fast aggressive Machtübernahme"
Bollywood-Produktionen seien schon immer eine Form der „Soft Power“ für Indien gewesen, doch in den vergangenen zehn Jahren hat die Expertin unter Modi eine „fast aggressive Machtübernahme“ beobachtet. Filmische Kritik an der Regierung oder den hindunationalistischen Werten, die sie vertritt, sei immer schwieriger geworden: „Die meisten Produktionen unterstützen die Regierung, manche würde ich sogar Propagandafilme nennen.“
Pünktlich vor der Parlamentswahl 2019 kam etwa das biografische Drama „PM Modi“ in die Kinos, das auf dem Leben des Premiers basiert. Der Aufschrei war groß, Kritiker sprachen von einer Hagiografie. Journalistin Ananya Bhattacharya von India Today schrieb über den Film: „Selbst die umstrittensten Teile des Lebens von Modi werden der Opposition untergeschoben.“
Muslime werden als gewaltsam und böse dargestellt
Auffallend ist laut Bhaskar auch die Zunahme an islamophoben Inhalten (Modis Regierung ist bekannt dafür, gegen religiöse Minderheiten Stimmung zu machen, Anm.) – ein Vorwurf, der immer öfter zu hören ist.
In „The Kashmir Files“ aus 2022 etwa wird gleich in der Eröffnungsszene ein kleiner Bub, benannt nach dem Hindu-Gott Shiva, von einer Gruppe muslimischer Männer zusammengeschlagen. Der Film handelt von der zwischen Pakistan und Indien liegenden, umstrittenen Kaschmir-Region, in der überwiegend Muslime leben. „Muslime sind in dem Film Terroristen, die Hindus umbringen“, sagt Bhaskar. Gewaltsam, barbarisch – so würde die Minderheit in indischen Filmen zunehmenden dargestellt.
Kostenlose Tickets und arbeitsfrei
Berichten zufolge kam es nach der Veröffentlichung von „The Kashmir Files“ zu Nachahmungstaten und Gewaltvorfällen zwischen Hindus und Muslimen. Die BJP hat kostenlose Tickets für den Film verteilt, in manchen Bundesstaaten wurden Kinobesucher sogar für einige Stunden von der Arbeit freigestellt.
Auch die Verschwörungstheorie „Liebes-Dschihad“, nach der muslimische Männer Hindu-Frauen heiraten und so den Islam zur Mehrheitsreligion in Indien machen wollen, ist in den Filmen immer wieder Thema. 2023 kam das Drama „The Kerala Story“ heraus, der laut Filmemachern auf wahren Begebenheiten basiert. Muslimische Männer verführen darin u.a. junge Hindu-Frauen, mit bösen Absichten – sie geraten in die Reihen des IS.
Auch für diesen Film gab es Gratis-Tickets von der BJP, die Partei organisierte zudem Sondervorführungen und lud junge Frauen öffentlich ein, ihn sich gemeinsam mit ihren Mitgliedern anzuschauen.
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