Wie Indien das Krisengebiet Kaschmir als Reiseziel vermarktet

Wie Indien das Krisengebiet Kaschmir als Reiseziel vermarktet
Die Regierung in Neu-Delhi vermarktet Kaschmir als neues Reiseziel. Dabei stehen sich in der Region seit Jahrzehnten drei Atommächte bewaffnet gegenüber.

Weiße Gipfel, blaue Seen, grüne Wiesen und bunte Blumenfelder – Kaschmir gilt nicht ohne Grund als "indische Schweiz". Da die Region im Himalaja aber auch von Pakistan und China beansprucht wird, ist sie nicht nur schön, sondern auch hoch militarisiert. Hunderttausende Soldaten sind im indisch kontrollierten Teil des mehrheitlich muslimischen Kaschmir stationiert, die hindu-nationalistische Regierung in Neu-Delhi hält die Zügel seit Jahren fest angezogen, um Unruhen zu verhindern. Dennoch kocht der Konflikt mit den Nachbarländern immer wieder hoch.

Nichtsdestotrotz wirbt Indien seit Kurzem intensiv um ausländische Besucher in Kaschmir, dem "Himmel auf Erden", wie es auf der Website der Tourismusbehörde heißt.

Wie Indien das Krisengebiet Kaschmir als Reiseziel vermarktet

 Bootfahren am Dal-See gehört zum Programm vieler  Kaschmir-Reisender.

Armee hinter Plakatwand versteckt

Um die Destination bekannt zu machen, organisierte Indien als aktuelles Vorsitzland der G-20 im Mai eine Tagung in der Provinz-Hauptstadt Srinagar. Diese liegt am idyllischen Dal-See, von dessen Ufern aus man majestätische Berge sieht. Die allgegenwärtigen Kontrollposten von Polizei und Armee versteckten sich während der Großveranstaltung hinter bunten Plakaten.

Bei Indern ist Kaschmir schon heute beliebt. 2022 kamen nach Angaben des indischen Tourismusministeriums mehr als 18 Millionen Menschen zum Skifahren, Wandern oder als Pilger. Aus dem Ausland stammten dagegen nur 20.000 Besucher, vor allem aus Malaysia, Indonesien, Südkorea und Taiwan. Europäer sieht man in Kaschmir fast keine.

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Ein Polizist bei der G-20-Tagung, einer der ersten großen internationalen Veranstaltungen in Kaschmir, seit die Region ihren semi-autonomen Status bekommen hat.

Populär dank Led Zeppelin

Das war nicht immer so. In den 60er-Jahren und 70er-Jahren, als Led Zeppelins bekannter Song "Kashmir" entstand, hätten auch viele Deutsche, Briten oder Franzosen Kaschmir bereist, erzählte Hanif, ein Einheimischer, dem deutschen Spiegel. Doch spätestens mit Beginn bürgerkriegsähnlicher Unruhen Ende der 80er-Jahre blieben die Europäer weitgehend aus.

In Pakistan stößt die Vermarktung Kaschmirs als indisches Tourismusziel erwartungsgemäß auf harsche Kritik. Im von Islamabad kontrollierten Teil der Region demonstrierten Hunderte Menschen gegen die G-20-Tagung in Srinagar. Außenminister Bhutto Zardari sprach mit Blick auf Indiens Regierung von zur Schau gestellter "Arroganz". Hanif würde sich jedenfalls freuen, wenn der Tourismus in Kaschmir einen Aufschwung erlebe. Denn im Vergleich zu Ausländern, so sagt er, seien Inder deutlich weniger spendabel.

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