Mit 85 Jahren: Silvio Berlusconi will Italiens Präsident werden
von Andrea Affaticati
Man schrieb das Jahr 2004, als Silvio Berlusconis damaliger Leibarzt, Professor Umberto Scapagnini, in einem Interview über den Cavaliere sagte: „Silvio ist technisch gesehen so gut wie unsterblich. Dank meines Elixiers ist er mindestens um zwölf Jahre jünger.“ Der Arzt ist mittlerweile verstorben, Italiens Ex-Premier so lebendig wie nie.
Wobei diesmal zu seinem (plötzlich wieder erweckten) Lebenselan die anstehende Präsidentschaftswahl wohl viel beigetragen hat: Der heute 85-jährige Berlusconi will den Quirinalspalast, so heißt der Sitz des Staatsoberhaupts, erobern und somit seine politische Karriere krönen. Sollte jedoch daraus nichts werden, dann will er den Urnengang zumindest maßgeblich beeinflussen.
"Operation Eichhörnchen"
Das ist aber nur der Plan B, der im Moment offiziell keine Option für den Cavaliere darstellt. Jetzt setzt er alles auf die „Operation Eichhörnchen“ (also das Sammeln von möglichst vielen Stimmen).
Hintergrund: Das Staatsoberhaupt wird in Italien von Senat, Abgeordnetenhaus und 58 Vertretern der Regionen gewählt. Insgesamt zählt die Versammlung 1.008 Stimmberechtigte. In den ersten drei Wahlgängen benötigt der Kandidat die Dreiviertelmehrheit, danach die absolute.
Dem Protokoll nach sind es die Parteien, die vorzugsweise einen überparteilichen Kandidaten vorschlagen. Doch im Moment sieht es nicht nach einer Einigung aus. Berlusconi würde sich dem vierten Wahldurchgang stellen, denn für die davor benötigte Dreiviertelmehrheit bräuchte er auch die Stimmen der Demokraten, die seine Kandidatur aber strikt ablehnen.
Wieder fit?
Die absolute Mehrheit wäre freilich möglich. Denn das Mitte-Rechts-Lager ist das größte in den beiden Parlamentskammern. Berlusconis Forza Italia, Matteo Salvinis rechtsnationale Lega und Giorgia Melonis Fratelli d’Italia verfügen insgesamt über 451 Stimmen. Rechnerisch fehlten dem Cavaliere noch 54 weitere Stimmen für die absolute Mehrheit von 505.
Allerdings weiß Berlusconi um die Skepsis beziehungsweise das Widerstreben Salvinis und Melonis – deswegen begibt er sich heute, Dienstag, selbst nach Rom, um die Weichen für seine Präsidentenpläne zu stellen.
Physisch scheint es ihm also wieder gut zu gehen – im Vergleich zu den vergangenen Monaten, in denen er aus „gesundheitlichen Gründen“ zu keinem gerichtlichen Termin erschien.
Berlusconis neue römische Residenz ist jetzt die Villa Grande an der Appia Antica, einst das Zuhause von Franco Zeffirelli, dem Filmregisseur. Und von da aus will er die „Operation Eichhörnchen“ leiten, also die Rechte auf Linie bringen und einen parteilosen Parlamentarier nach dem anderen zu seinen Gunsten knacken. Die Gruppe besteht aus ungefähr 100 Politikern, die im Laufe der Legislaturperiode ihre ehemalige Partei verlassen haben.
Dass er das Rennen gewinnen kann, erscheint zum jetzigen Zeitpunkt aber als äußerst unwahrscheinlich. Haushoher Favorit ist der amtierende Regierungschef Mario Draghi, der auch im (EU-)Ausland höchstes Ansehen genießt. Er freilich wird den Posten des Staatsoberhauptes aber nur dann anstreben, wenn er sich der Dreiviertelmehrheit der Stimmen sicher sein kann.
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