Maske im Freien: Wie Spanien seit Beginn der Pandemie damit lebt
Jugendliche auf Skateboards, Spaziergänger mit Hund, Touristen mit Reiseführer in der Hand: Der Plaza de la Virgen in Valencias Altstadt ist ein Treffpunkt für alle. Die spanische Sonne scheint ins Gesicht – zumindest auf die Stirn, denn Mund und Nase müssen auch im Freien bedeckt werden. Selbst beim Selfie Machen vor dem markanten Glockenturm der Catedral de Santa Maria.
In Spanien gilt seit Dezember wieder eine Maskenpflicht im Freien – und zwar überall. Erst beim Sitzen im Lokal, beim Essen oder Rauchen darf diese abgenommen werden. Ende Juni war die Maskenpflicht im Freien nach Monaten vorübergehend aufgehoben worden.
Die meisten Spanier halten sich brav daran – vor allem an stark frequentierten Plätzen. Den einen oder anderen Maske-am-Kinn-Träger sieht man jedoch auch hier, meistens sind es vergessliche (oder intolerante) Touristen.
"La cuenta, por favor", der Kellner bringt die Rechnung. Beim Aufstehen erinnert er mit einer Handbewegung ans Aufsetzen der Masken.
Eigenverantwortung
Wo sich keine Menschenmassen bilden, etwa im Jardín del Turia-Park oder am Strand, lassen auch die Spanier selbst die Maske fallen. Sportler wie der vorbeijoggende Läufer sind von der Pflicht ausgenommen. Kontrollierende Polizei gibt es kaum, es scheint, die spanische Regierung gibt mehr auf Eigenverantwortung als in Österreich.
Ansonsten lebt es sich in Spanien recht frei von Corona-Maßnahmen, die Autonomen Gemeinschaften können eigene örtlichen Beschränkungen verhängen. In Katalonien gilt etwa eine nächtliche Ausgangssperre zwischen ein und sechs Uhr in größeren Gemeinden mit hoher Inzidenz.
In Valencia gibt es keine Sperrstunde, der Grüne Pass wird ausschließlich in den Innenbereichen von Lokalen verlangt. In den Öffis trifft man ständig auf Reinigungspersonal, das die Haltegriffe desinfiziert.
Vergangenen Sommer wurde das Rauchen in den Schanigärten verboten – um die Virusübertragung durch das Exhalieren des Rauches einzudämmen. Das Rauchen ist offiziell nur an Straßenecken abseits von Schanigärten und Menschenmengen erlaubt.
Hier sind die Spanier jedoch schleißig geworden: Die meisten Spanier stehen auf, stellen sich salopp neben den Tisch und beginnen dort zu qualmen. Eine Zurechtweisung vom Kellner bleibt aus.
Sánchez will Epidemie statt Pandemie
Spanien erlebte in den vergangenen Wochen einen rasanten Anstieg der Corona-Zahlen. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, die Mitte Oktober noch einen Jahrestiefstwert von etwa 18 verzeichnet hatte, lag zuletzt bei 1.462. Spanien war eines der von Corona am schwersten betroffenen Länder Europas. Die Impfquote bei den Erstimpfungen beträgt mittlerweile 85,82 Prozent, vollständig geimpft sind 81,49 Prozent der Bevölkerung.
Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte am Montag im Interview des Radiosenders Cadena Ser erklärt, spanische Experten arbeiteten "seit Wochen" daran, Covid-19 etwa wie eine Grippe zu behandeln: Man müsse berücksichtigen, dass Covid-19 sich von einer Pandemie zu einer endemischen Krankheit entwickle, auf die man mit neuen Instrumenten reagieren müssen.
Kritik an der Idee gab es von der WHO Europa: Die Zeit sei noch nicht gekommen, die Pandemie zu einer Endemie zu erklären.
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