Verheerender Luftangriff auf die Ukraine - der Strom wird knapp

Verheerender Luftangriff auf die Ukraine - der Strom wird knapp
Mit mehr als 100 Drohnen und 100 Raketen bombardierte Russland am Montag 15 ukrainische Regionen – das Ziel war einmal mehr die Energie-Infrastruktur des Landes.

Als Montagfrüh um 04.30 Uhr elf russische Tupolew-95-Langstreckenbomber aufstiegen, war den Ukrainern klar, dass ein massiver russischer Luftangriff bevorsteht – im ganzen Land ertönte Luftalarm.

Russische Kampfschiffe sowie ein U-Boot feuerten Raketen ab, die ersten von mindestens 100 Drohnen flogen auf ihre Ziele in der Ukraine zu. Kurze Zeit später schlugen sie in 15 ukrainischen Regionen ein, zerstörten Energie-Infrastruktur, schlugen in einen Kiewer Staudamm ein. Zumindest eine verfehlte ihr Ziel knapp (siehe Video).

Einschlag in Stausee bei Kiew

Damm getroffen

Teile Kiews hatten deswegen keine intakte Wasserversorgung mehr. „Sollte er brechen, würde ein großer Teil Kiews überflutet“, sagte ein Berater des ukrainischen Präsidenten. Im ganzen Land kam es zu Stromabschaltungen, mindestens fünf Menschen starben. Es war der erste große russische Luftangriff auf die Ukraine, seit ukrainische Truppen mit dem Angriff auf Kursk begonnen hatten.

„Wie die meisten früheren russischen Angriffe ist auch dieser hinterhältig und zielt auf kritische zivile Infrastruktur ab“, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Einmal mehr denken viele Ukrainer im Hochsommer an den Winter – nach jetzigem Stand ist laut Experten für manche ukrainische Regionen im Winter mit zwei bis vier Stunden Strom pro Tag zu rechnen.

Russische Militärblogger frohlocken seit Herbst 2022, sie würden „die Ukraine ins neunzehnte Jahrhundert zurückbomben“.

Verheerender Luftangriff auf die Ukraine - der Strom wird knapp

Strom aus der EU

Dass es noch nicht so weit ist, hat Kiew auch Stromimporten aus der EU zu verdanken. Das ukrainische Stromnetz ist seit mehr als zwei Jahren mit dem kontinentaleuropäischen verbunden. Kurz vor dem russischen Angriff wurde es testweise vom russischen Netz abgekoppelt, ein dauerhafter Inselbetrieb war aber nicht vorgesehen.

Die Anbindung an das europäische Stromnetz diente vor allem der Stabilisierung, denn kleine Stromnetze sind tendenziell instabiler als große.

Die Kapazitäten für den Austausch sind dabei limitiert. Die Ukraine ist nicht Teil des europäischen Strommarktes, sondern importiert lediglich zum eigenen Verbrauch.

Transite, wie sie im europäischen Netzgebiet üblich sind, finden nicht statt. Als es in Folge der russischen Angriffe vermehrt zum Ausfall von Kraftwerken kam, stiegen die Importe an, vor allem aus Ungarn und der Slowakei.

Negative Auswirkungen auf die Stabilität des europäischen Stromnetzes gibt es dadurch nicht, denn Stromausfälle sind auch in der Ukraine regional. Sie werden eingegrenzt, indem die betroffenen Bereiche vorübergehend abgetrennt werden, auch die Verbindungen zum europäischen Netz können gegebenenfalls getrennt werden.

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„Umspann-Bunker“

Dass Strom bis in den Osten der Ukraine fließen kann, ist den befestigten Umspannwerken zu verdanken. Einerseits sind bereits Projekte im Gange, diese tief unter die Erde zu verlegen, sodass sie von Luftangriffen verschont werden.

Dies kostet jedoch Zeit und Geld. Bestehende Umspannwerke werden in „Hochbunker“ verwandelt: Stahlträger und massive Betonmauern bieten Schutz gegen russische Raketen und Drohnen – zumindest hält sich der Schaden meist in Grenzen und kann nach einem Luftangriff in der Regel rasch behoben werden. 55 Gigawatt installierte Leistung hatte der ukrainische Kraftwerkspark im Gesamten.

Wegen der russischen Angriffe sind davon nur noch etwa 20 Gigawatt am Netz. Nach den AKW haben thermische Kraftwerke, in denen Kohle und Gas verbrannt werden, den größten Anteil.

Russen rücken weiter vor

Indes rücken die russischen Streitkräfte im Donbass weiter vor, nahmen sie am Wochenende große Teile der 15.000-Einwohner-Stadt Nowohrodiwka ein – anscheinend ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Auf Drohnenvideos ist die Stadt weitgehend unbeschädigt.

Die Stadt Pokrowsk ist weniger als 13 Kilometer von der Front entfernt. Fällt sie an die Russen, wäre das ein schwerer Schlag für die ukrainischen Streitkräfte. Die Stadt ist ein wichtiges Umschlagzentrum der ukrainischen Logistik für den Donbass, vor allem für Tschassiw Yar und Kramatorsk.

Und derzeit sieht es nicht danach aus, dass der Kreml russische Kräfte aus dem Donbass nach Kursk abzieht, wo die ukrainischen Streitkräfte weiterhin kämpfen.

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