Der Munitionsverbrauch auf russischer Seite war und ist immens – im Sommer vergangenen Jahres verschoss die russische Artillerie 60.000 Granaten pro Tag. Von den 17 Millionen Stück, die das Land vor dem Krieg hatte, dürften noch etwa sechs Millionen übrig sein. Gleichzeitig produziert Russland 9.000 Stück pro Tag (die USA nach derzeitigem Stand knapp über 500, die EU 800). Dennoch ist auch auf russischer Seite Haushalten angesagt.
Verbesserte Drohnenaufklärung
Dies gelingt laut einem Bericht der britischen Denkfabrik RUSI dank der „konsequenten Integration von Drohnen“. Anhand des sogenannten „Strelets Systems“ sei es möglich, Drohnenaufklärungsergebnisse zu verbessern, da die Drohnen mittlerweile den Kommandostellen direkt unterstellt seien, würde auch die Feuerfreigabe rascher erfolgen. Damit kann Artillerie effizienter eingesetzt werden.
Doch auch die Drohnen an sich werden immer mehr zum Artillerieersatz: Auf russischen Videos ist zu sehen, wie eine Lancet-Drohne den Nahbereichsradar des deutschen Luftabwehrsystems "IRIS-T" trifft.
➤ Russische "Lancet"-Drohnen werden zu massivem Problem für Ukraine
Dass dies den russischen Streitkräften gelingt, zeigen die verifizierten Videoaufnahmen der vergangenen Tage deutlich. Auch die Ukraine setzt im Frontbereich Artillerie ein, allerdings ist derzeit nicht klar, wie erfolgreich ihr Einsatz ist: Kiew hat eine Informations- und Nachrichtensperre über die Gegenoffensive verhängt, derzeit dominieren vor allem russische Militärblogs den Informationsfluss über die Gefechte an der südlichen Front.
Bis zum Beginn der Gegenoffensive verbrauchte die Ukraine im Schnitt 10.000 Schuss Artilleriemunition pro Tag – im Angriff ist dafür eine höhere Anzahl notwendig. Der Nachschub auf diesem Gebiet stockt allerdings, schon allein, weil die Produktionskapazitäten in den USA und der EU nicht ausreichen. Im März verständigte sich die Europäische Union darauf, Kiew binnen eines Jahres eine Million Stück Artilleriegranaten zu liefern. Bis Ende Mai waren es laut Brüssel 220.000.
➤ Wie viele Artilleriegranaten die EU produzieren will und warum das schwierig wird
Munitionsrüstungsprogramm
Am ersten Juni brachte das Europäische Parlament das Munitionsrüstungsprogramm ASAP (Act in Support of Ammunition Production) auf den Weg. Damit können öffentliche Mittel an EU-Rüstungsunternehmen fließen. Ziel ist es, die Produktionskapazität der EU erhöhen, um den derzeitigen Mangel an Verteidigungsprodukten zu beheben, insbesondere an Artilleriemunition, Flugkörpern und deren Komponenten.
Im Juli soll der Gesetzesentwurf Realität werden. Er wurde mit 446 zu 67 Stimmen bei 112 Enthaltungen angenommen. Mit dem ASAP-Programm, das Mitte 2025 wieder auslaufen dürfte, sollen neben der Hilfe für die Ukraine die Arsenale der EU-Mitgliedsstaaten so weit aufgefüllt werden, dass deren Munition für mindestens 30 Tage ausreicht. Eine Kapazität, über die bereits jetzt die wenigsten EU-Staaten verfügen.
Dass die Produktion nun rasch beschleunigt wird, ist keineswegs sicher. Neben dem Fachkräftemangel ist auch die Rohstoffversorgung ein massives Problem, etwa bei den sogenannten "Linters" – einem Nebenprodukt der Baumwollstofferzeugung, das für die Produktion von Treibladung essenziell ist. Wichtigster Lieferant für diesen Rohstoff: China. Die Lieferzeiten nach Europa haben sich drastisch verlängert, sollen bis zu neun Monate betragen. Zuvor waren es drei.
Kommentare