Leopard 2: So funktioniert der Panzer, über den alle reden
Es riecht nach Öl und Metall. Dutzende Schalter, Knöpfe, Leitungen. Alles ist genau ausgemessen, platzsparend – und so ist es eng, sehr eng im Kampfpanzer Leopard 2A4. Wer diesen 55 Tonnen schweren Stahlkoloss in einem Gefecht fährt, braucht starke Nerven – und eine gute Übersicht. Denn in einer solchen Situation fährt der Fahrer „unter Luke“, kann also lediglich über drei Winkelspiegel nach außen blicken.
Drillmäßiges Üben
Gleichzeitig muss er sich auf den Kommandanten verlassen können, der ihm Anweisungen durchgibt. Freilich muss der Kampfpanzer auch noch kämpfen, was dem Richt- und dem Ladeschützen obliegt. Sie sitzen gemeinsam mit dem Kommandanten im engen Turm oberhalb des Fahrersitzes. Auch dort muss jeder Handgriff passen. „Damit eine Panzerbesatzung eingespielt ist, ist in Österreich eine Ausbildung von mindestens 14 Wochen notwendig“, sagt Oberst Jörg Loidolt, Kommandant des Panzerbataillons 14 in Wels.
Da ist noch keine Rede vom Zusammenwirken in einem sogenannten Panzerzug, bestehend aus vier Leopard 2A4, geschweige denn einer Kompanie, die 14 Panzer umfasst. „Mindestens ein halbes Jahr sollte man dafür an Ausbildungszeit einplanen“, erklärt Loidolt.
Zeitdruck
Eine Zeit, die den ukrainischen Streitkräften fehlen dürfte. Dazu kommt, dass Kiew unterschiedliche Modelle bekommen wird: vom alten A4 bis hin zum moderneren A6. Vor allem die Ausbildung zum Ladeschützen dürfte aus Loidolts Sicht eine Herausforderung werden, da der T-72-Kampfpanzer, den die Ukraine vornehmlich verwendet, über einen Ladeautomaten verfügt. Loidolt: „Natürlich kann man die Ausbildung straffen, doch es ist ungemein wichtig, dass auch in Stresssituationen alles drillmäßig abläuft. Auch der Leopard ist keine Wunderwaffe – eine Panzereinheit ist nur so gut wie ihre Besatzung.“
Ist diese Besatzung allerdings gut ausgebildet, steht ihr eine Waffe zur Verfügung, die ihresgleichen sucht – der Kampfpanzer Leopard erfüllt die Kombination aus den Faktoren Panzerung, Feuerkraft und Beweglichkeit am besten.
Letzteres präsentieren die Soldaten des Panzerbataillons 14 eindrucksvoll: Über welliges Gelände gleitet der Leopard mit bis zu 70 Stundenkilometern dahin, nicht umsonst haben die „Welser Hessen“ 2017 in einem Panzerwettbewerb deutsche und US-Besatzungen hinter sich gelassen. „Sein großer Vorteil ist, dass die Kanone voll stabilisiert ist“, sagt Loidolt. Er erzählt von früheren Übungen der Bundeswehr, als am vorderen Kanonenrohr ein großes Bier drapiert wurde. „Obwohl der Panzer im Gelände gefahren ist, hat er nur wenig Bier verschüttet.“ Die Stabilisierung erlaubt es dem Leopard, aus der Bewegung zu feuern – doch auch das will gelernt sein.
Laden und feuern
Im sogenannten AAT, der „Ausbildungsanlage Turm“, übt eine Panzerbesatzung die drillmäßigen Handgriffe des Ladens und Feuerns. Die Anlage ist einem echten Panzerturm nachempfunden, jedoch ohne Panzerung und völlig offen. So können Ausbilder und Auszubildende die Schritte genau verfolgen. Etwa 20 Kilogramm wiegt eine Granate, die der Ladeschütze händisch in den Laderaum wuchtet. „Geradeaus ein feindlicher Panzer“, schnarrt der Kommandant. Der Richtschütze feuert. Im Einsatz würde die Granate bis zu 2.500 Meter weit fliegen. „Im Ziel!“ Rasch legt der Ladeschütze nach – im besten Fall sind neun Schuss pro Minute möglich.
Weder die Erfolge in Wettbewerben noch die Ausbildung der Soldaten täuschen darüber hinweg, dass der Leopard 2A4 am Ende seiner Lebensdauer angekommen ist. Die verbaute Elektronik ist mindestens 40 Jahre alt. Eine Modernisierung der österreichischen Leopard-Panzer ist geplant, entsprechende Verträge dürften in den kommenden Monaten unterzeichnet werden. In dieser Zeit wird sich auch weisen, ob sich der Kampfpanzer in der Ukraine bewährt. Am Papier soll ein Exemplar vier T-72 ebenbürtig sein. „Doch im realen Einsatz spielen so viele Faktoren eine Rolle, dass man sich darauf nicht verlassen sollte“, sagt Loidolt. Dennoch – eine große Anzahl an westlichen Kampfpanzern „ist für die Ukraine eine massive Unterstützung“.
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