Mit den britischen Kampfpanzern könnte die Ukraine keine Kompanie aufstellen
Nachdem Frankreich Späh- und Deutschland und die USA Schützenpanzer an die Ukraine liefern dürften, bahnt sich in Großbritannien die erste Lieferung westlicher Kampfpanzer an Kiew an. Laut dem Sender "Sky News" soll die Regierung in London erwägen, den ukrainischen Streitkräften zehn Challenger 2-Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Der Challenger wiegt gut 62 Tonnen, verfügt über zwei Maschinengewehre und ist mit einer 120-mm-Kanone ausgerüstet – vergleichbar mit dem Kaliber des deutschen Leopard 2. Ein echter Kampfpanzer also, der vielen seiner russischen Pendants – vor allem den (modernisierten) T-64-Panzern im Feld überlegen sein dürfte.
Allerdings könnten die ukrainischen Streitkräfte mit zehn Challenger 2 nicht einmal eine Panzerkompanie aufstellen – dafür wären 13 Kampfpanzer notwendig. Ein ukrainisches Panzerbataillon besteht aus 40 Kampfpanzern und ein solches erreicht eine Angriffsbreite – je nach Gelände – zwischen 800 und 1.000 Metern. Die Front in der Ukraine ist etwa 1.000 Kilometer breit. Vor dem Krieg verfügte allein die ukrainische Panzertruppe (Panzerbrigaden) – die Einheiten der Reserve mit einbezogen – über 16 Panzerbataillone.
Ein Blick auf die bisherigen Panzer-Verluste der russischen wie ukrainischen Streitkräfte verdeutlicht das Größenverhältnis der angekündigten Panzer-Lieferungen: 1.610 russische Panzer wurden laut der niederländischen Open-Source-Intelligence-Website Oryx seit Beginn des russischen Angriffskrieges entweder zerstört, erbeutet oder beschädigt. Auf ukrainischer Seite sind es 443.
Es wird vermutet, dass die britische Regierung damit einen breiteren Diskurs über weitere Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine beschleunigen möchte. Dass diese Taktik Erfolg haben kann, zeigt die späte Bereitschaft Deutschlands, 40 Schützenpanzer vom Typ Marder zu liefern – nachdem erst Frankreich, dann die USA angekündigt hatten, den ukrainischen Streitkräften Späh-, beziehungsweise Schützenpanzer zur Verfügung zu stellen.
105-Millimeter-Kanone
Während der französische, 17 Tonnen schwere Spähpanzer AMX 10 RC mit seiner 105-Millimeter-Kanone zur direkten Feuerkraft der ukrainischen Streitkräfte beitragen dürfte, werden der Marder sowie der US-Schützenpanzer „Bradley“ vor allem für den Truppentransport und für Feuerunterstützung bei Infanterie-Gefechten eingesetzt werden. Der Bradley verfügt etwa über eine 25-mm-Maschinenkanone und ein M240-Maschinengewehr und ist für eine Geschwindigkeit von bis zu 60 Kilometer pro Stunde ausgelegt.
440 Schützenpanzer hat die Ukraine seit Kriegsbeginn verloren, etwa 1.000 hatten die Streitkräfte vor dem Krieg zur Verfügung.
Zum Vergleich: Ein Kampfpanzer Leopard 2A7 bringt bei vollem Gefechtsgewicht mehr als 60 Tonnen auf die Waage und verfügt über ein 120-Millimeter-Geschütz.
Vom Leopard 2 wurden insgesamt mehr als 3.600 Stück gebaut, darunter mehr als 2.000 in der nun älteren Version Leopard 2A4. Sie werden in zahlreichen Ländern genutzt. Mögliche europäische Partner in einer gemeinsamen Lieferung könnten neben Polen auch Finnland und Spanien sein. Auch das deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall, das unter anderem Challenger 2 für die britischen Streitkräfte modernisieren soll, hatte in der Vergangenheit Lieferungen angeboten. Die Bundeswehr selbst hat für das Jahr 2025 einen Zielbestand von 320 Kampfpanzern Leopard 2A7V, aber selbst alle älteren Modelle wie die Version 2A4 abgegeben.
Die Diskussion über eine mögliche Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine zieht sich bereits seit Monaten – in den relevanten Staaten finden sich zu dieser Frage zwei Lager: Fürchten die einen, dass eine Leopard-Lieferung die Eskalationsspirale beschleunigen und Moskau näher zum Einsatz nuklearer Waffen bringen könnte, meinen die anderen, ausreichend Kampfpanzer könnten einen Sieg der Ukraine beschleunigen.
Walerij Saluschnyj, Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Ukraine, meinte kürzlich, er brauche 300 Kampf- und 600-700 Schützenpanzer, um tatsächlich eine Trendwende einleiten zu können.
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