Tödlich und billig: Das macht iranische Kamikazedrohnen so gefährlich

Feuerbälle, Explosionen – abermals erschütterten die iranischen Shahed-136-Drohnen die ukrainische Hauptstadt Kiew, vernichteten eine weitere Energieanlage. In den vergangenen Wochen haben sich diese "Kamikazedrohnen" als eine der effektivsten Waffen der russischen Streitkräfte etabliert – und das, obwohl es gar keine russischen Waffen sind. 2.400 weitere Shahed-136 soll Putin bereits im Iran bestellt haben.
Seit mehr als 40 Jahren steht die Islamische Republik unter US-Sanktionen, dennoch fabriziert die "Iranian Aircraft Industrial Company" (HESA) mit am Markt erhältlichen Ressourcen Tausende Shahed, sowie andere Drohnentypen. Die erste Shahed-136 in der Ukraine wurde am 12. September in der Nähe von Kupjansk, Region Charkiw, abgeschossen. Seit Mitte September wurden Shahed-136-Angriffe entlang der gesamten Frontlinie verzeichnet, mit Schwerpunkt im Süden, was darauf zurückzuführen ist, dass sich die Startsysteme dieser Drohnen auf der Krim befinden. Angesichts der Flugreichweite von bis zu 2.500 Kilometern kann die Shahed-136 Ziele überall in der Ukraine angreifen.

Das geschieht nicht unbedingt leise: Ukrainische Soldaten nennen die Shahed mittlerweile "Moped", da als Motor das chinesische Triebwerk vom Typ MD550 eingebaut ist. Dieser ist eine Kopie des deutschen Motors Limbach L550E, der beispielsweise im VW Käfer eingebaut war. Der MD550 konnte bis vor kurzer Zeit sogar beim Versandhändler Ali Express gekauft werden. Durch die relativ schwache Motorleistung erreicht die Shahed-136 eine Spitzengeschwindigkeit von 180 km/h, ist also grundsätzlich ein gutes Ziel für die ukrainische Luftabwehr. Allerdings greifen die Kamikazedrohnen zumeist in Schwärmen von bis zu zehn Stück an und fliegen relativ tief, sodass sie vom Radar schwerer erkannt werden können.

Nur mit modernen Flugabwehrsystemen auf Drohnenabwehr zu setzen, wäre kosten- und materialtechnisch nicht verhältnismäßig: Eine Shahed kostet etwa 20.000 Dollar, eine IRIS-T-Rakete etwa 380.000. Eine Lösung zur Bekämpfung der Kamikazedrohnen wären mehrläufige Schnellfeuer-Flugabwehrsysteme wie die ZSU-23-4 Shilka oder der deutsche Gepard. Doch auch diese Waffen werden einerseits an der Front gebraucht und könnten andererseits nicht die gesamte Ukraine abdecken. Bis die ukrainischen Streitkräfte eine Lösung gefunden haben, dürften noch Hunderte weitere Drohnen aus dem Iran nach Russland kommen. Teheran hat sich spätestens mit dem Ukraine-Krieg als ernstzunehmende Drohnenmacht etabliert.
Drohnenmacht
Bereits im Ersten Golfkrieg gegen den Irak – in den 80er-Jahren – begannen die Iranischen Revolutionsgarden damit, an Aufklärungsdrohnen zu forschen. Auch wegen der Sanktionen war es Teheran nicht möglich, die Prototypen im Krieg einzusetzen – es mangelte an wichtigen Teilen.
Doch der Iran führte sein Entwicklungsprogramm weiter fort. Mehrere Unternehmen wurden fusioniert, Universitäten – vor allem die Technische Universität Sharif – arbeiteten mit Hochdruck an Lösungen. Immer wieder stürzten westliche Drohnen über dem Iran ab, deren Wracks sich für die Forscher als hilfreich erwiesen.
2004 belieferte der Iran die libanesische Hisbollah mit sogenannten Mersad-1-Drohnen, die bald darauf über Nordisrael kreisen sollten. Spätestens im Syrischen Bürgerkrieg war klar, dass der Iran auf dem Gebiet der Kampfdrohnen erhebliche Fortschritte gemacht hatte. Verbündete der Islamischen Republik, wie die jemenitische Houthi-Miliz, wurden von Teheran beliefert.
In den Wracks abgeschossener Houthi-Drohnen wurden Teile aus China, Japan und Europa gefunden, was zeigt, dass der Iran trotz der Sanktionen über ausgeklügelte Mittel und Wege verfügt, diese zu umgehen.

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