Eine Gruppe gepanzerter Fahrzeuge auf flachem Terrain, plötzlich Detonationen. Rauchende Panzerwracks, Fahrzeuge am Rückzug – ein Bild, das seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beinahe täglich wiederkehrt. In den vergangenen Tagen sind es vor allem Videos ukrainischer Einheiten, die von russischer Artillerie getroffen werden, sich wieder zurückziehen müssen.
➤ Nach Niederlagen im Feld: Die Russen haben aus ihren Fehlern gelernt
Seit Wochenbeginn scheint eine neue Phase der ukrainischen Gegenoffensive begonnen zu haben: Nach wochenlangen Bombardements von russisch besetzten Flugfeldern und russischer Positionen greifen ukrainische Einheiten in Kompaniestärke an verschiedenen Punkten der Front an. Vor allem im Süden stießen sie bisher auf erbitterten russischen Widerstand – Stand Mittwochnachmittag scheint es als wären bisher alle Angriffe abgewehrt worden. Teilweise unter hohen Verlusten von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen, wie Videos belegen, deren Echtheit unabhängig verifiziert wurde.
Traktor statt Leopard
Dass bisher Leopard-Panzer vernichtet worden wären, lässt sich allerdings nicht verifizieren. Bei einem dementsprechenden Bericht des russischen Verteidigungsministeriums handelte es sich um landwirtschaftliche Fahrzeuge, die russische Einheiten mit einem Panzer verwechselt und bekämpft hatten.
Die derzeit stattfindenden Angriffe sind trotz ihrer Verluste als Probeangriffe zu verstehen. Einerseits sollen dadurch Schwachstellen in der russischen Verteidigung gefunden werden (auch wenn die tatsächlichen Stellungen noch ein gutes Stück weiter südlich der derzeitigen Frontlinien liegen), andererseits könnten die ukrainischen Attacken im Süden ein Scheinmanöver sein. Denn gleichzeitig erzielten ukrainische Verbände nördlich und südlich von Bachmut weitere Geländegewinne.
Es ist nicht undenkbar, dass die ukrainischen Streitkräfte das Chaos, das die Übergabe der lang umkämpften Stadt von der Söldnergruppe Wagner an die russischen Streitkräfte ausgelöst hat, ausnutzen wollen, um Bachmut einzukesseln, zurückzuerobern und von dort aus tief in die besetzten Gebiete in Donezk und Lugansk vorzustoßen.
➤ Was ist dran an den ukrainischen Gegenstößen?
Auch ein Hauptangriff im Nordosten von der Stadt Kupjansk aus wäre denkbar. Bereits vergangenes Jahr waren alle Augen auf die Stadt Cherson im Süden gerichtet gewesen, während die hauptsächliche Gegenoffensive im Raum Charkiw stattfand.
Nach wie vor dürfte das Hauptziel Kiews aber die Befreiung der Stadt Melitopol sein – damit hätte man die russischen Versorgungslinien im Süden unterbrochen. Doch zwischen der Front und der Stadt liegen zahlreiche ausgebaute Verteidigungsstellungen – wie nicht erst seit Wochenbeginn deutlich ist. Berichten zufolge sollen sich 20.000 ukrainische Soldaten in der Nähe der Front aufhalten, ein Überraschungsmoment wie im vergangenen September haben die ukrainischen Streitkräfte im Raum Saporischja allerdings definitiv nicht.
Kommentare