Was ist von all den Aussagen zu halten und wie könnte es weitergehen? Lesen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Beginnt nun tatsächlich Kiews Großoffensive?
Laut dem Militärexperten Oberst Markus Reisner vom Österreichischen Bundesheer erwecken die von beiden Seiten geteilten Videos der vergangenen zwei Tage den Eindruck, dass „auf ukrainischer Seite versucht wird, zumindest Sondierungs- und Bindungsangriffe durchzuführen“. Und zwar am gesamten Frontverlauf, beginnend bei Saporischschja bis hinauf in den Donbass. Es dürfte der Ukraine nach Reisners Einschätzung allerdings nicht gelungen sein, „einen entsprechenden Durchbruch zu ziehen“. Sie werde aber weiter versuchen, „Lücken in den russischen Verteidigungslinien zu finden und dann möglicherweise dort mit massiven Kräften anzusetzen“.
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Grundsätzlich habe die Ukraine bereits vor Wochen begonnen, eine Offensive vorzubereiten. Das sehe man auch an den Angriffen auf russisches Territorium im Raum Belgorod. Dort kämpft seit einigen Wochen das sogenannte „Russische Freiwilligenkorps“ aufseiten Kiews – wenn auch offiziell nicht von diesem unterstützt.
Nutzen die Angriffe in Belgorod der Ukraine?
Durch die Kämpfe müsse Russland zusätzlich zur Front weiteres Territorium schützen und überwachen, erklärt Reisner. Die Ukraine versuche mithilfe des „Freiwilligenkorps“, russische Kräfte zu binden und zu zwingen, Reserven auszuspielen, die sie dann möglicherweise an anderer Stelle nicht einsetzen könnten.
Für den Experten ist offensichtlich, dass Kiew die Söldner in Belgorod unterstützt. Aufgrund „der Bauart und dem Umfang“ des eingesetzten militärischen Geräts könne man davon ausgehen, dass dieses aus westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine stamme.
Wann wäre eine Gegenoffensive erfolgreich?
„Wenn die Ukraine es schafft, signifikanten Raumgewinn zu erreichen“, sagt Reiser und nennt als Beispiele einen möglichen erfolgreichen Vorstoß in Richtung Mariupol oder Richtung Asowsches Meer. Ein Erfolg wäre es auch, wenn „die Russen so in die Enge getrieben würden“, dass sie bereit seien, Verhandlungen zu beginnen.
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Von russischer Seite hieß es am Montag, die Ukraine setze bereits die vom Westen gelieferten deutschen Leopard-Panzer ein. Stimmt das?
Laut Reisner zeigen Videos, dass vor allem amerikanisches Gerät im Einsatz ist. Deutsche Leopard- oder britische Challenger-Panzer würden noch nicht eingesetzt. Am späten Montag häuften sich in prorussischen Kanälen Berichte über Leopard-Panzer an der Front.
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Immer wieder gibt es Drohnenangriffe in Russland, auch in noblen Bezirken Moskaus, in denen Unterstützer von Präsident Putin leben. Wer ist dafür verantwortlich?
Aus den verwendeten Systemen und dem verwendeten Gerät kann man Reisner zufolge klar einen Bezug zur Ukraine herstellen. Für Kiew gelte das Motto, dass der Zweck die Mittel heilige, sagt der Militärstratege: „Die Ukraine versucht, sich mit allen Mitteln zu wehren. Dazu zählt auch, den Krieg nach Russland hineinzutragen.“
Das russische Militär soll irrtümlich einen Geheimbericht veröffentlicht haben, laut dem es massive Probleme bei der Rekrutierung gibt. Wie glaubwürdig ist das?
Solange die russischen Streitkräfte in der Lage seien, ausreichend Kräfte aufzubieten und an die Front zu bringen, haben derartige Berichte laut Reisner keine wirkliche Relevanz. Derzeit sehe man weder ein Umdenken in den Streitkräften noch offenen Widerstand. „Es ist nach wie vor so, dass Militärzüge in die Ukraine fahren und gut gefüllt mit Soldaten sind.“
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