Kapitol rüstet sich für Pro-Trump-Demonstration
Acht Monate ist es her, dass Anhänger des Ex-US-Präsidenten Donald Trump am 6. Jänner das Kapitol gestürmt und für kurze Zeit besetzt hatten.
Im Großen und Ganzen sind sich die Amerikaner weitgehend einig, was mit den rund 650 strafrechtlich verfolgten Teilnehmer der tödlich verlaufenen Erstürmung passieren soll: "Verurteilen und bestrafen", lautet der Konsens.
Anders sehen das rechtsnationalistische Echo-Kammern in dubiosen Nischen des Internets: Sie wollen am kommenden Samstag an Ort und Stelle mit einer skurrilen Demonstration den Gegenbeweis antreten. Initiator der Proteste ist niemand Geringerer als der ehemalige Donald Trump-Mitarbeiter Matt Braynard.
700 Protestierende erwartet
Er und rund 700 erwartete Gesinnungsgenossen halten die teilweise seit Jänner inhaftierten Aufrührer, die gewaltsam in das Herz der US-Demokratie eingedrungen waren, um auf Geheiß von Donald Trump die Zertifizierung des Wahlsieges von Joe Biden zu verhindern, für "politische Gefangene" und verlangen im Rahmen des verfassungsmäßig geschützten Rechts auf freie Meinungsäußerung deren sofortige Freilassung.
"JusticeForJ6 Rally" ("Gerechtigkeit für J6-Rallye", J6 wie 6. Jänner, Anm.) wird der Aufmarsch genannt.
Gesondert wird dabei Gerechtigkeit gefordert für Ashli Babbitt. Beim Einbruch in das Innere des Repräsentantenhauses wurde die 36-jährige Armee-Veteranin aus San Diego/Kalifornien vom Polizisten Michael Byrd aus nächster Nähe erschossen. Untersuchungen ergaben, dass der Beamte innerhalb seiner Befugnisse gehandelt hat. Donald Trump spricht dagegen von "Mord" und solidarisiert sich indirekt mit Tausenden Rechtsextremisten, die den brutalen Angriff auf das Kapitol mit Macht als legitimen Ausdruck von zivilem Ungehorsam umdeuten wollen.
Zaun wieder aufgebaut
Mit Verweis auf militante Aufrufe in einschlägigen Internetforen haben Stadt- und Kapitolspolizei de facto Alarm ausgerufen. Weil nicht ausgeschlossen wird, dass neben friedlichen Protesten erneut gewaltbereite Vertreter von Möchtegern-Milizen wie den "Oath Keepers" in der Hauptstadt auftauchen, sind die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden, obwohl kein Parlamentarier am Wochenende im Kongress sein wird. Aus benachbarten Landkreisen ist präventiv Verstärkung erbeten worden.
Sichtbarstes Zeichen der Anspannung ist der erst vor zwei Monaten abgebaute Metall-Zaun rund um den Parlamentskomplex. Auf Drängen von Kapitolspolizei-Chef Tom Manger wird der Abwehrwall bis Freitag erneut installiert, um sicher zu gehen und sich keine Blöße zu geben. Schließlich war die Kapitolspolizei im Jänner hoffnungslos unterbesetzt: Hunderte bewaffnete und zur Gewalt entschlossene Trump-Fans überrannten die Sicherheitskräfte, von denen Dutzende teils schwer verletzt wurden. Vier von ihnen nahmen sich später das Leben.
Obwohl Organisator Braynard 700 Teilnehmer angemeldet hat, schließt die Polizei nicht aus, dass deutlich mehr Demonstranten auftauchen, zumal für die Veranstaltung landesweit getrommelt wird und die linke Antifa Gegen-Demonstrationen angekündigt hat.
Kritik von Republikanern
Im rechtsextremen Lager ist die Lage dagegen diffus. Bei den weiß-nationalistischen "Proud Boys", deren Anführer Enrique Tarrio im August wegen des Verbrennens einer "Black Lives Matter"-Fahne zu fünf Monaten Haft verurteilt wurde, herrscht Skepsis. Man glaubt, dass die Demo eine "Falle" ist, in die möglichst viele tappen sollen, um sie an Ort und Stelle selbst bei geringfügigsten Vergehen zu verhaften. Die offizielle Botschaft an die Mitglieder lautet: "Bleibt weg!"
Auch republikanische Abgeordnete wie Ted Cruz, Josh Hawley, Matt Gaetz oder Marjorie Taylor-Greene, die seit Monaten für die Aufrührer vom 6. Jänner eine Lanze brechen, wollen mit dem Protest bisher nichts zu tun haben, für den die demokratische Mehrheitsführerin Nancy Pelosi nur Verachtung über hat: "Die Teilnehmer kommen, um jene zu preisen, die am 6. Januar töten wollten."
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