Israelische Armee greift Beirut an: 37 Tote, mindestens 68 Verletzte
Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge am Freitag ein Ziel in der libanesischen Hauptstadt Beirut aus der Luft angegriffen. Weitere Details nannte das Militär zunächst nicht. 37 Menschen wurden bei dem Anschlag getötet (darunter drei Kinder und sieben Frauen), mindestens 68 weitere verletzt, so das libanesische Gesundheitsministerium. Der Angriff traf ein dicht besiedeltes Gebiet Beiruts, das auch eine Hochburg der Hisbollah ist. Zuvor war von mindestens 14 Toten die Rede gewesen.
Die Hisbollah selbst musste den Tod von insgesamt 16 ihrer Mitglieder hinnehmen. Darunter war auch der hochrangige Militärkommandant Ibrahim Aqil, dem der Angriff nach Angaben des israelischen Militärs gegolten hatte. Aqil gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Hisbollah.
Es handelt sich um den tödlichsten israelischen Einzelangriff auf den Libanon seit Beginn des Konflikts im Oktober 2023. Offenbar richtete er sich gegen Einrichtungen der Hisbollah im Süden der libanesischen Hauptstadt.
Der libanesische Zivilschutz teilte mit, dass zwei Wohngebäude in der Gegend von Jamous im Beiruter Stadtteil Dahiya infolge des israelischen Bombardements eingestürzt seien. Rettungskräfte durchkämmten demnach das Gebiet nach Überlebenden und Vermissten unter den Trümmern, so die Agentur. Video- und Bildaufnahmen von vor Ort zeigen zerstörte Wohnhäuser und Fahrzeuge.
Er wurde zusammen mit Mitgliedern der Hisbollah-Eliteeinheit Radwan während einer Sitzung getötet worden sein, berichtete Reuters mit Berufung auf Sicherheitsquellen. Israels Armee bestätigte am Abend den Tod Aqils. Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant kündigte an, Israel werde sich weiter gegen seine Feinde verteidigen - auch in dem südlichen Vorort von Beirut. "Die Reihe von Einsätzen in der neuen Phase des Krieges wird fortgesetzt, bis wir unser Ziel erreicht haben: die sichere Rückkehr der nördlichen Gemeinden Israels in ihre Häuser", sagte er nach Angaben seines Büros. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte derweil mit: "Unsere Ziele sind klar und unsere Taten sprechen für sich."
Aqil gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Hisbollah und wirkte insbesondere im militärischen Flügel der schiitischen Organisation. Die USA hatten ein Kopfgeld in der Höhe von sieben Millionen Dollar (6,27 Mio. Euro) auf ihn ausgesetzt. Bereits Anfang der 90er-Jahre hatte Israel versucht, Aqil auszuschalten.
Aquil, auch als Tahsin bekannt, war der Leiter der Hisbollah-Operationen. Er gehörte dem höchsten militärischen Gremium der Hisbollah an – dem sogenannten Dschihad-Rat.
In den 1980er Jahren war Aqil ein Hauptmitglied der Organisation Islamischer Dschihad (Islamic Jihad), der Terrorzelle der Hisbollah, die sich zu den Bombenanschlägen auf die US-Botschaft in Beirut im April 1983, bei denen 63 Menschen getötet wurden, sowie auf die US-Marinekaserne im Oktober 1983, bei denen 241 US-Angehörige ums Leben kamen, bekannte.
In den 1980er Jahren leitete Aqil die Entführung amerikanischer und deutscher Geiseln im Libanon und hielt sie dort gefangen.
"Gesamtes Haus hat gebebt"
"Mein gesamtes Haus hat gebebt", berichtete eine Bewohnerin Beiruts nach dem Angriff der dpa. Auf den Straßen herrschte Panik. Mehrere Krankenwagen waren im Einsatz.
Israelische Angriffe auf Beirut sind selten, bei dem jüngsten handelt es sich um den erst dritten in fast einem Jahr. Zuvor hatte die israelische Armee eigenen Angaben zufolge rund 140 Geschoße aus dem Libanon registriert.
Am Dienstag und Mittwoch waren an mehreren Orten im Libanon gleichzeitig Hunderte technische Geräte explodiert. Dabei wurden rund 3.000 Menschen verletzt, mindestens 37 starben an ihren Verletzungen. Unter den Verletzten sollen viele Kämpfer der pro-iranischen Hisbollah sein, die vom Libanon aus gegen Israel kämpft. Militär- und Geheimdienstexperten sehen Israel hinter den offensichtlich koordinierten Angriffen. Israel hat die Explosionswellen bisher nicht kommentiert.
Die Hisbollah griff indes eigenen Angaben zufolge sieben israelische Ziele an. Laut israelischem öffentlichem Rundfunk wurden etwa 150 Raketen aus dem Südlibanon auf Israel abgeschossen. Die UN-Blauhelmtruppe im Süden des Libanon forderte eine "sofortige Deeskalation" im Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz. Es sei eine massive Zunahme der Feindseligkeiten über die Grenze hinweg zu beobachten, sagte UNIFIL-Sprecher Andrea Tenenti. Die UNIFILTruppe soll den Frieden zwischen Israel und dem Libanon wahren.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte sich am Donnerstag "zutiefst besorgt" über die jüngsten Entwicklungen im Libanon gezeigt. "Die Folgen einer weiteren Eskalation wären verheerend für die gesamte Region", unterstrich der Minister am Abend auf X. "Die Sicherheit der UNIFIL-Friedenstruppe muss zu jeder Zeit garantiert sein!"
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu verschob unterdessen seine für kommende Woche geplante USA-Reise wegen der angespannten Lage an der Grenze zum Libanon um einen Tag
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