Hingerichtet im Kampf gegen die Mullahs
„Wenn ich im Iran geblieben wäre, hätte ich ein gutes Leben gehabt, aber ich habe alles aufgegeben, damit der Iran eines Tages frei sein wird“, sagte der iranische Blogger Ruhollah Zam in einem Interview vor rund drei Jahren. Am Samstag wurde er in Teheran hingerichtet – unter anderem für seine Taten zu jener Zeit.
Damals gab es landesweit massive Proteste gegen das Mullah-Regime. Was mit einem Aufschrei wegen gestiegener Brotpreise begonnen hatte, wuchs rasch zum breitesten Protest seit 2009 an. Dem Jahr, in dem Zam nach einer Inhaftierung als Oppositioneller aus der Islamischen Republik nach Frankreich geflohen war.
Sohn eines Klerikers
Der Sohn eines dem Regime treu ergebenen Klerikers kritisierte von seinem Exil aus weiterhin die Regierung in Teheran. Mit Aufflammen der Proteste vor drei Jahren erhitzte sein Nachrichtenportal Amadnews die Gemüter von Protestlern wie Regierung. Über den Nachrichtendienst Telegram informierten er und sein Team mehr als eine Million Menschen, posteten Regierungsdokumente.
Aber auch Anleitungen zur Herstellung von Molotowcocktails – zumindest nach Darstellung der iranischen Regierung sowie des Telegram-Chefs Pavel Durov.
Auch Zams regimetreuer Vater, Mohammad Ali Zam, richtete sich gegen seinen Sohn: „Du hast die rote Linie überschritten, als Du Dich gegen den Obersten Führer (Ayatollah Ali Khamenei, Anm.) gerichtet hast“, schrieb er in einem offenen Brief.
Zam ließ sich in seiner selbst gesetzten Aufgabe jedoch nicht beirren, schrieb weiter gegen den Gottesstaat an – bis er sich unter bisher ungeklärten Umständen 2019 in den Irak locken ließ. Es bleibt die Frage offen, warum ein Regimekritiker in ein Land reist, das unter starkem Einfluss des Regimes steht, welches er bekämpfen möchte. Angeblich soll ihm ein Treffen mit einem einflussreichen Ayatollah versprochen worden sein.
Fakt ist, im Oktober vergangenen Jahres fassten ihn Soldaten der Revolutionsgarden und brachten ihn nach Teheran.
Dass Zams Hinrichtung ein Signal der Hardliner gegen eine mögliche Entspannungspolitik unter dem künftigen US-Präsidenten Joe Biden ist, bezweifelt der renommierte Iran-Experte Walter Posch: „Es mag sein, dass das einige so interpretieren und für ihre Agenden auslegen. In erster Linie war das Urteil ein Signal an die eigene Bevölkerung: Auch Kleriker in der Familie schützen nicht, wenn ihr euch gegen die Regierung richtet“, sagt der Iranist vom Institut für Friedenssicherung und Konfliktforschung zum KURIER.
Vor allem gilt der Chef der iranischen Justiz, Ebrahim Raisi, als unbestechlicher Verfechter des iranischen Rechts. Außenpolitische Interpretationen des Urteils obliegen anderen – ob nun Europa, das die Tat verdammt und sich „entsetzt“ zeigt, oder der iranischen Führung, die sich eines Dissidenten entledigt hat. Und Exekutionen sind in der Islamischen Republik wahrlich nichts Neues. Allein vergangenes Jahr wurden 223 Menschen im Iran hingerichtet.
Hoffnungen und Dämpfer
Da schien die Freilassung einer australischen Islamwissenschaftlerin vor einigen Wochen noch ein Zeichen des Entgegenkommens an den neuen US-Präsidenten Joe Biden zu sein. Dennoch sitzen nach wie vor einige Ausländer in iranischen Gefängnissen.
Neben zahlreichen anderen Menschen sitzen auch die beiden Österreicher Kamran Ghaderi und Massud Mossaheb hinter iranischen Gittern. Mossaheb wurde Ende Jänner 2019 verhaftet, Ghaderi bereits im Jänner 2016. Die beiden Doppelstaatsbürger wurden wegen angeblicher Spionage zu jeweils zehn Jahren Haft verurteilt. Sie sollen mittlerweile unter Covid-Symptomen leiden
Insgesamt 15 ausländische Staatsbürger befinden sich derzeit in iranischer Haft, seit Jahren laufen Verhandlungen
Einen Dämpfer erhielten jene, die friedlichere Zeiten zwischen dem Iran und den USA aufziehen sahen, als der Atomwissenschafter Mohsen Fachrisadeh (mutmaßlich durch den israelischen Geheimdienst) vor zwei Wochen ermordet wurde.
Eine Vergeltung werde vorbereitet, tönte das Lager der Hardliner, das sich bei den Präsidentschaftswahlen im Juni einen Sieg erhofft.
Unter anderem soll sich Ex-Präsident Mahmoud Ahmadinejad um eine Kandidatur bewerben wollen. Jener Mann, gegen den Ruhollah Zam noch im Jahr 2009 demonstriert hatte.
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