In die Politik ging Kelly im Nachgang einer nationalen Tragödie. Gabrielle Giffords, seine Ehefrau, war damals Abgeordnete für Arizona im Repräsentantenhaus, als sie bei einem Attentat schwer verletzt wurde. Seither setzte sich der an die politische Mitte anschlussfähige Senator im „Battleground State” Arizona gegen die Waffenlobby NRA und beratungsresistente Republikaner zur Wehr. Kelly hat sich in Washington einen Namen als seriöser, sattelfester Verhandler und Kompromisssucher gemacht, der über die Parteigrenzen hinweg anerkannt ist.
Josh Shapiro: Um die strategisch wichtigen 19 Wahlmänner Pennsylvanias zu bekommen, wäre der junge, aufstrebende Gouverneur (51) des wichtigen Bundesstaates erste Wahl. 2022 hat er dort einen spinnerten Trumpianer, Doug Mastriano, im Rennen um den Gouverneurssitz deklassiert. Shapiro kann gut mit Menschen, redet Obama-ähnlich eloquent und trotzdem verständlich und strahlt Verlässlichkeit aus.
Wie Harris hat auch er eine Vergangenheit als Generalstaatsanwalt. Landesweit kam er zuletzt - positiv - in die Schlagzeilen durch den Wiederaufbau einer eingestürzten wichtigen Autobahnstrecke in Rekordtempo. Sein Anpacker-Motto hat Blaumann-Charme: „Get shit done” - Sachen geregelt kriegen. Shapiros potenzielles Handicap: Als praktizierender Jude und Zionist hat er sich nach den Mordanschlägen der Hamas ganz auf die Seite Israels gestellt. Pro-palästinensische Wählerinnen und Wähler, die bereits Joe Biden die Gefolgschaft aufgekündigt haben, könnten Harris zum Nachteil gereichen.
Andy Beshear: Wer in einem stramm republikanischen Bundesstaat wie Kentucky, wo Trump zuletzt Kanter-Siege landete, seit fünf Jahren als hoch beliebter demokratischer Gouverneur regiert, macht automatisch auf sich aufmerksam. Beshear, wie Harris früher Generalstaatsanwalt, hat sich mit einer unaufgeregten, bürgerorientierten No Nonsens-Politik nach Natur-Katastrophen und während der Corona-Pandemie eine überparteiliche Fan-Basis geschaffen.
Als „running mate" stünde er für Effizienz und Glaubwürdigkeit bis tief ins konservative Lager hinein. Anders als Trumps Vize J.D. Vance, der ebenfalls in Kentucky geboren ist, geht ihm das „Schaumschlägerische, Polarisierende” ab, sagen US-Analysten. Mit 46 Jahren ist er zudem jung und ausbaufähig, aber bereits auf Bundesstaatsebene hoch erfahren.
Geheimwaffe Pete Buttigieg: Der vielleicht beste, gewiss aber jüngste Kommunikator (42), den die Demokraten zurzeit haben, wurde 2021 Verkehrsminister im Kabinett Biden. Als Oxford-Absolvent, Marine-Veteran und Ex-Bürgermeister hat der achtsprachige Afghanistan-Kämpfer eine beispiellose Biographie, die von seiner gleichgeschlechtlichen Ehe mit seinem Mann Chasten noch getoppt wird. Das Paar erzieht zusammen adoptierte Zwillinge.
Buttigieg besitzt das seltene Talent, politische Gegner zu demaskieren und konstruktive Kompromissvorschläge zu machen, ohne dabei auch nur geringfügig feindselig zu werden. Mit ihm zöge ein neuer Politikstil in die erste Reihe der US-Politik ein.
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