"Ein Bürgerkrieg ist unvermeidlich" – letztlich waren es, auch im englischen Original, nur vier Worte des Multimilliardärs und Twitter-Eigentümers Elon Musk, die ihn endgültig ins Visier der neuen britischen Regierung rückten.
Musk hatte damit auf seiner eigenen Social-Media-Plattform X (wie Twitter nun heißt) auf den Beitrag einer rechten US-amerikanischen Verschwörungstheoretikerin reagiert, die „Massenmigration und offene Grenzen“ für die rassistisch motivierten Unruhen in Großbritannien verantwortlich gemacht hatte, die das Land seit einer Woche erschüttern.
Die neue britische Justizministerin Heidi Alexander zeigte sich am Dienstag entsprechend erbost: „Die Verwendung von Worten wie ,Bürgerkrieg’ ist in keinster Weise hinnehmbar. Wir sehen, wie Polizeibeamte ernsthaft verletzt und Gebäude in Brand gesetzt werden“, sagte Alexander der britischen Times. „Jeder, der so eine Plattform besitzt, sollte diese Macht verantwortungsvoll nutzen.“
Tragen Musk und seine Plattform eine Mitschuld an der Gewalt?
Aus Sicht der Labour-Partei hat der völlig unregulierte virtuelle Raum, den X darstellt, erst zur Entstehung der landesweiten Randale beigetragen. Unmittelbar nach der Messerattacke auf eine Kinder-Tanzschule in Southport hatten sich auf der Plattform Falschmeldungen zur Identität des Täters verbreitet.
Dieser sei ein frisch eingereister muslimischer Migrant, hieß es etwa – in Wahrheit war der 17-Jährige als Sohn ruandischer Christen in Cardiff geboren worden.
Musk selbst teilte diese Gerüchte mehrfach mit seinen mehr als 190 Millionen Followern, garniert mit schlichtweg rassistischen Beiträgen, und schob die Schuld am Mord der britischen Regierung zu. Diese gehe härter gegen „Memes“, also Witze im Internet vor als gegen straffällige Migranten, so Musk. Großbritannien gleiche damit „der Sowjetunion“.
Gesetz greift noch nicht
Die Labour-Regierung sieht in all dem Grund genug, um Musk und seine Plattform schon bald rechtlich in die Mangel zu nehmen.
Eigentlich hatte schon die vorangegangene Tory-Regierung unter Ex-Premier Rishi Sunak ein Gesetz verabschiedet, durch das Social-Media-Plattformen bestraft werden können, wenn sie illegale Inhalte nicht rechtzeitig entfernen. Darunter fallen etwa Aufrufe zu Gewalt oder Hetze.
Das Gesetz gilt seit Jänner, tritt jedoch stufenweise in Kraft; X kann also noch nicht unter diesen Bedingungen bestraft werden, wie Ofcom, die britische Medienaufsichtsbehörde, mitteilte.
Doch Premier Keir Starmer will nicht so lange warten. Sein Staatssekretär für Technologie, Peter Kyle, habe Vertretern der Social-Media-Konzerne Tiktok, Meta, Telegram und X bereits mitgeteilt, dass die Regierung plant, sie rechtlich stärker in die Verantwortung zu nehmen.
Wird Musk im Herbst vorgeladen?
Für Musk wurden die Drohungen der Labour-Partei am Mittwoch konkreter: Gleich zwei Abgeordnete im britischen Unterhaus, Chi Onwurah und Dawn Butler, erklärten gegenüber Politico, den Tech-Milliardär noch im Herbst zu einer Befragung ins Parlament laden zu wollen.
Eine solche Aufforderung ist rechtlich aber nur dann bindend, wenn Musk sich auch in Großbritannien befindet – schon Meta-Chef Mark Zuckerberg erhielt eine solche vor Jahren und meidet das Königreich seither.
Wie Musk darauf reagierte? Zunächst gar nicht. Am Mittwoch hielt er sich vielmehr damit auf, ehemaligen Werbekunden, die aufgrund seiner Kommentare zuletzt abgesprungen waren, öffentlich mit Klagen zu drohen.
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