Geheimdienst: Russland muss Artilleriemunition rationieren
Die russischen Besatzungstruppen in der Südukraine müssen nach Einschätzung britischer Militärexperten ihre Artilleriemunition rationieren, um einsatzbereit zu bleiben, heißt es am Dienstag im täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London.
Auch sind "nur noch eine Handvoll" der russischen Anti-Artillerie Radar-Einheiten vom Typ "SOOPARK" in der Ukraine einsatzbereit, wie aus dem gestrigen Bericht der Briten hervorgeht. Dies führt dazu, dass die Russen die ukrainische Artillerie nicht mehr so gut lokalisieren können.
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Weiters in diesem Artikel:
- Russische Offensive im Osten
- Russische Luftangriffe auf Odessa
- Nach Angriffen auf Brücke: Verkehr fließt wieder
- Brücken-Anschlag: Britischer Geheimdienst nicht involviert
- Ukrainische Angriffe auf die Krim abgewehrt
- Getreideabkommen: EU rügt Russland
- Totschnig zu Abkommen: "Schwerer Fehler"
Ukraine kann nicht profitieren
Dennoch gelingt es den Ukrainern trotz Angriffen auf mindestens zwei Achsen bisher nicht, die primären russischen Verteidigungslinien dort zu durchbrechen.
Schwach seien die russischen Kräfte laut Briten auch um die ostukrainische Stadt Bachmut. Aber auch dort konnten die Russen der mit erheblichem Aufwand vorangetriebenen ukrainischen Gegenoffensive bislang standhalten.
Russland schickt nun laufend neue Kräfte, vor allem Luftlandetruppen, nach Bachmut, um die Gegenoffensive weiter zu bremsen.
Erst gestern bezeichnete der russische Präsident Wladimir Putin die im Juni begonnene Gegenoffensive als erfolglos.
Alle "Versuche des Feindes", die russischen Verteidigungslinien zu durchbrechen, seien "während des gesamten Zeitraums der Offensive" erfolglos geblieben, sagte Putin in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem Fernsehsender Rossija-1.
Russische Offensive im Osten
Das ukrainische Militär berichtete von intensiven russischen Angriffen im Osten des Landes. Die Lage sei schwierig, teilte der Kommandant des Heeres, Generaloberst Olexander Syrskyj, mit. Im allabendlichen Lagebericht des Generalstabs in Kiew wurde die Front bei Kupjansk als ein Schwerpunkt der Kämpfe genannt.
Ein Presseoffizier der ukrainischen Armee sprach im Fernsehen von angeblich 100.000 Mann, die Russland an den Frontabschnitten Kupjansk und Lyman zusammengezogen habe.
Die ukrainischen Truppen hielten dem Angriff aber stand.
Russische Luftangriffe auf Odessa
Russland hat die südukrainische Region Odessa am Schwarzen Meer in der Nacht zum Dienstag mit Luftangriffen überzogen. Zwar habe die ukrainische Luftverteidigung sechs russische Kalibr-Marschflugkörper und 21 Kampfdrohnen abschießen können, teilte das Kommando Süd der ukrainischen Armee am Morgen mit.
Dennoch hätten herabstürzende Trümmerteile und Druckwellen Schäden am Hafen von Odessa sowie an Privathäusern verursacht. Außerdem sei ein Bewohner verletzt worden.
Neben Odessa wurden die Hafenstadt Mykolajiw sowie die Regionen Donezk, Cherson, Saporischschja und Dnipro Drohnenangriffen ausgesetzt.
In mehreren ukrainischen Regionen ertönte in der Nacht stundenlang Luftalarm. Im Hafen von Mykolajiw sei ein Feuer ausgebrochen, meldete der Bürgermeister der Stadt, Oleksandr Sjenkewytsch, auf Telegram.
Nach Angriffen auf Brücke - Verkehr fließt wieder
Nach dem gestrigen Angriff auf die Krimbrücke läuft der Straßenverkehr nach russischen Angaben wieder. Der Fahrzeugverkehr sei auf einer Spur wieder aufgenommen worden, teilte der stellvertretende russische Ministerpräsident Marat Chusnullin Dienstagfrüh im Onlinedienst Telegram mit.
➤ Mehr dazu: Schlag auf Krim-Brücke zeigt russische Schwächen, militärischer Erfolg ist er keiner
Am Montag wurde die Krim-Brücke, die Russland mit der 2014 annektierten Halbinsel Krim verbindet, durch eine Explosion beschädigt. Ein Ehepaar starb in einem Auto, die Tochter wurde verletzt.
Britischer Geheimdienst nicht involviert
Moskau sprach von einem Angriff ukrainischer Seedrohnen und drohte mit Vergeltung. Putin nannte das Vorgehen einen sinnlosen und grausamen Akt der Regierung in Kiew.
Ukrainische Geheimdienstkreise wiederum bekannten sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP zu dem Angriff.
Dass der britische Geheimdienst an der Aktion beteiligt gewesen sein soll, weist Großbritannien zurück. "Dies ist eine unbegründete Spekulation Russlands, die wir nicht weiter kommentieren wollen", so ein Sprecher des britischen Außenministeriums.
Hintergrund: Der russischen Vize-Botschafter bei den Vereinten Nationen (UNO), Dmitri Poljanskij, hatte am Montag vor dem Sicherheitsrat geäußert, dass britische Geheimdienste beteiligt gewesen sein könnten. "Ich habe von keinem der westlichen Sponsoren des Kiewer Regimes eine Verurteilung dieses Terroraktes gehört. Und wir müssen erst noch herausfinden, inwieweit westliche, insbesondere britische Geheimdienste, an der Vorbereitung und Durchführung dieses Terroranschlags beteiligt waren. Zu viele Dinge deuten darauf hin", sagte Poljanskij.
Ukrainische Angriffe auf die Krim abgewehrt
Russland hat nach eigenen Angaben in der Nacht auf heute ukrainische Drohnenangriffe auf die annektierte Halbinsel Krim abgewehrt.
17 Drohnen seien "zerstört", elf weitere mit elektronischen Mitteln unschädlich gemacht worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Dienstag. Es habe keine Verletzten oder Schäden gegeben.
Seit Beginn der ukrainischen Gegenoffensive im Juni ist es verstärkt zu Drohnenangriffen auf die Krim gekommen.
Getreideabkommen: EU rügt Russland
Die Europäische Union hat die Aufkündigung des Getreideabkommens durch Russland verurteilt. "Mit dieser Entscheidung verschärft Russland die weltweite Krise der Ernährungssicherheit weiter, die es durch seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Blockade der ukrainischen Seehäfen verursacht hat", erklärte der Außenbeauftragte Josep Borrell am Montagabend im Namen der Mitgliedstaaten.
Russland müsse die illegale Blockade der ukrainischen Häfen aufgeben und die freie Schifffahrt auf dem Schwarzen Meer ermöglichen, so Borrell.
Totschnig zu Abkommen: "Schwerer Fehler"
Dass Russland der Verlängerung des Getreideabkommens nicht zugestimmt hat, bezeichnet Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig als "schweren Fehler". "Es kann nicht sein, dass Russland Lebensmittel als Waffen einsetzt – ich fordere eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Es braucht eine langfristige Lösung für das Getreideabkommen", sagte er am Rande eines informellen Fischereirats in Vigo/Spanien.
Findet sich keine Lösung, würde das unausweichlich Auswirkungen auf die weltweite Ernährungssicherheit haben und zu Preisanstiegen führen. "Das trifft vor allem die ärmsten Länder in Afrika und dem Nahen Osten, die besonders von Getreideimporten abhängig sind“, so Totschnig.
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