Was das Scheitern des Getreidedeals für den Welthunger bedeutet
Weltweit leidet mehr als eine Milliarde Menschen an Unterernährung oder Hunger, ein Scheitern des Ukrainedeals für den Weizenexport würde die Situation noch einmal verschärfen
Heute Nacht läuft das Abkommen aus, durch das die Ukraine trotz russischer Blockade der Schwarzmeerhäfen Nahrungsmittel, vor allem Weizen, exportieren konnte. Wird es nicht verlängert, wird das die aktuelle Lebensmittelknappheit und den weltweiten Hunger verstärken.
Russland sieht derzeit keinen Grund, das Abkommen zu verlängern, solange nicht bestimmte Bedingungen Russlands erfüllt werden: Darunter die Anerkennung der russischen Annexion der Krim und der Unabhängigkeit der prorussischen Separatistengebiete in der Ostukraine.
Die Ukraine lehnt diese Forderungen ab. Derzeit versuchen die EU, die Türkei und die UNO das Abkommen dennoch zu retten, zuletzt hatte auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa im Rahmen des BRICS-Gipfels versucht, Russlands Präsidenten Putin zum Einlenken zu bewegen. Bis Redaktionsschluss dieser Aufgabe gab es kein Anzeichen auf eine rasche Lösung dieses Konflikts.
Weltweit hat sich die Situation der Nahrungsmittelknappheit zuletzt deutlich verschlechtert, auch wenn bei einer Weltbevölkerung von knapp über acht Milliarden Menschen ausreichend Nahrungsmittel für 12 Milliarden Menschen produziert werden. Das Problem bleibt die Verteilung.
Das Welternährungsprogramm der UNO rechnet vor, dass rund eine Milliarde Menschen hungert. Seit 2016 verschlechtert sich dieser Trend. Hungrig und auf Hilfe angewiesen waren 2019 noch 135 Millionen Menschen. Heute sind es 350 Millionen.
Dazu kommen noch gut 800 Millionen Menschen, die chronisch hungrig sind, etwa weil sie durch Klima-Wetterextreme, Kriege, Konflikte und Armut nur sehr wenig Nahrung zur Verfügung haben. Die aktuelle Liste der Krisengebiete aus Sicht des Welternährungsprogramms ist lang: Afghanistan, Kongo, Äthiopien, Haiti, Kenia, Myanmar, der Norden Nigerias und Mosambiks, die Sahel-Zone (Übergangszone zwischen der Sahara im Norden und den Savannen im Süden mit Staaten wie Tschad, Südsudan, Burkina Faso, Niger und dem Senegal), Somalia und dem Jemen.
Krieg, Klima, Kapital
Warum die Welt hungriger als jemals zuvor ist, beantwortet die Ernährungshilfe mit der Zunahme der wesentlichen drei Faktoren: Krieg, Klimakrise und Armut.
70 Prozent der Hungernden leben in Kriegsgebieten oder in Regionen mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Dann werden durch die Klimakrise mit Dürren und Extremwetterereignissen die Ernten vernichtet. Und die Teuerung hat die Situation auch auf den Weltmärkten verschärft, viele Staaten haben angesichts der (auch durch den Ukrainekrieg) steigenden Nahrungsmittelpreise nicht genug Geld, um die Menschen zu ernähren. Ähnlich die Auswirkungen durch die hohen Düngerpreise. Die Welternährungshilfe berechnete, dass für die gleiche Menge Nahrungsmittel an den Märkten derzeit um 44 Prozent mehr bezahlt werden muss.
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