Nicht umsonst trägt die größte Anlage, der Foxconn Science Park am Rande der Millionenstadt Zhengzhou, den Spitznamen "iPhone City". In den Sommermonaten arbeiten hier bis zu 350.000 Menschen, kurz bevor im Herbst in Kalifornien die neuesten iPhone-Modelle präsentiert werden.
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Mit insgesamt 1,2 Millionen Mitarbeitern ist Foxconn heute der größte private Arbeitgeber Chinas - und nach Walmart und Amazon der größte weltweit. Dass Gou als Taiwanese ein solches Imperium in China aufbauen konnte, führen Vertraute auf seinen Charakter zurück.
Den Milliardär habe bei Verhandlungen stets "Dreistigkeit" ausgezeichnet, sagte ein ehemaliger Foxconn-Manager anonym den Financial Times: "Er ist immer direkt und hat dabei keine Angst, wegen schlechter Manieren oder schlechten Geschmacks verurteilt zu werden."
In den 1980er-Jahren begab sich Gou etwa auf US-Tour und schlug dabei unangekündigt bei großen IT-Konzernen im Hauptquartier auf, um einen Termin einzufordern. Auch, wenn er dabei mehrfach vom Sicherheitspersonal entfernt wurde, soll er so seine ersten großen amerikanischen Auftraggeber an Land gezogen haben, die ihre Produktion fortan nach China auslagerten. Darunter die Elektronik-Riesen Microsoft, HP, IBM und Intel.
Xi Jinping bezeichnete ihn als "alten Freund"
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Gous Erfolg in China ohne hervorragende Beziehungen zur politischen Führung in Peking niemals möglich gewesen wäre. Als Sohn eines chinesischen Bürgerkriegsveteranen, der in den Vierzigerjahren für die Nationalisten gegen Maos Rote Armee gekämpft hatte und anschließend nach Taiwan geflohen war, hätte er für die kommunistische Partei eigentlich eine Persona non grata sein müssen.
Doch Gou erwies sich in der Volksrepublik stets als überaus systemtreu, kein Hauch von Dreistigkeit. Pekings Machthaber Xi Jinping bezeichnete ihn bei einem Treffen 2013 gar als "alten Freund". Viele jener Taiwanesen, die sich nach einer Annäherung an China sehnen - ob aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen - vertrauen deshalb darauf, dass Gou diese Beziehungen auch als Präsident nutzen könnte.
Kritiker sehen den Milliardär dagegen als Lakaien Pekings, der dem Regime mit seiner Herkunft dabei nützt, die taiwanesische Innenpolitik zu beeinflussen. Am Montag richtete Gou seinen Gegnern deshalb aus: "Ich stand niemals unter der Kontrolle der Volksrepublik China, ich befolge keine Befehle!"
Er wolle lediglich verhindern, dass seine Heimat "zu einer zweiten Ukraine" werde. Die auf Taiwan regierende Demokratische Volkspartei (DPP) um Präsidentin Tsai Ing-Wen überhöhe dagegen "die Unabhängigkeitsbewegung zur Staatsdoktrin und hasst China", womit sie einen Krieg provoziere.
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Gous Kandidatur könnte den Wahlkampf bereits entschieden haben
Gous größtes Problem ist, dass das china-freundliche Lager seit Jahren von der nationalistisch-konservativen Kuomintang (KMT), der ältesten Partei Taiwans, besetzt wird. 2019 hatte er deshalb noch versucht, beim innerparteilichen Vorwahlkampf ihr Spitzenkandidat zu werden, war aber bei der Abstimmung an der treuen Parteibasis gescheitert.
Seit Montag ist klar, dass der 72-Jährige nun mit einer eigenen Bewegung antritt. Laut ersten Umfragen dürfte er es aus dem Stand auf mehr als 15 Prozent der Stimmen bringen, dabei aber vor allem KMT-Wähler abwerben. Wenn die Partei das nicht wolle, so Gou mit der ihm eigenen Dreistigkeit, könne sie ja seine Bewegung unterstützen.
Beobachter schätzen dagegen, dass der Alleingang des Milliardärs den Wahlkampf zugunsten der regierenden DPP entschieden haben könnte, bevor er überhaupt richtig begonnen habe. Vor allem, weil es auf Taiwan bei Wahlen immer nur einen Durchgang gibt. Wer die meisten Stimmen erhält, wird Präsident - weder eine qualifizierte Mehrheit noch eine Stichwahl sind nötig.
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