Folter, sexuelle Gewalt und Zwangssterilisation
Es ist nicht nur das erste Mal, dass eine offizielle UN-Institution die erdrückende Beweislast des „kulturellen Genozids“ an den Uiguren bestätigt, die sich seit 2017 nicht zuletzt anhand von Satellitenbildern und geleakten, offiziellen Dokumenten angehäuft hat. Bachelets Büro sprach auch mit 40 Zeugen aus der Region, von denen 26 in den vergangenen Jahren in Umerziehungslagern inhaftiert waren.
Sie alle berichten von denselben dystopischen Zuständen. Etwa davon, dass Folter in diesen Einrichtungen an der Tagesordnung steht, entweder in Form von Schlägen durch (oftmals elektrische) Schlagstöcke oder in Form von psychologischer Folter (Hunger, Schlafentzug).
Weiter heißt es: „Fast alle Befragten gaben an, zwangsweise entweder Injektionen, Tabletten oder beides regelmäßig eingeflößt bekommen zu haben“. Diese Medikamente hätten sie „schläfrig“ gemacht.
Dazu gäbe es etliche Berichte von sexueller Gewalt durch das Wachpersonal, „mehrheitlich an weiblichen Inhaftierten“: Die Betroffenen berichten von Vergewaltigungen und Erniedrigungen, so mussten sich Frauen in den Lagern etwa regelmäßig vor einer Gruppe anderer Insassen gynäkologisch untersuchen lassen.
Tausende uigurische Frauen sollen außerdem gegen ihren Willen sterilisiert worden sein, um die Geburtenrate der Minderheit zu drücken – sie sank alleine zwischen 2017 und 2019 um 48 Prozent. Deshalb seien Aussagen betroffener Frauen „trotz ihrer geringen Zahl glaubwürdig“.
Abseits der menschenunwürdigen Vorgänge im Inneren der Umerziehungslager werden in dem Bericht auch mehrfach Ungereimtheiten in den offiziellen Erklärungen der chinesischen Regierung aufgelistet. So wird in China etwa stets behauptet, die Umerziehungslager seien lediglich „Berufsfortbildungszentren“ gewesen, von denen seit 2019 aber keines mehr in Betrieb sei.
Dazu heißt es, das UNO-Hochkommissariat habe die Regierung in Peking um Lehrmaterial aus diesen Fortbildungszentren angefragt, „aber bis zum heutigen Tag keine Informationen diesbezüglich erhalten“. Satellitenfotos beweisen zudem, dass bestehende Lager in Xinjiang weiter ausgebaut und sogar neue errichtet werden.
In China war man auf die Veröffentlichung des Berichts offenbar vorbereitet. Schon am frühen Donnerstagmorgen antwortete die Regierung in Peking ihrerseits mit einem 121-seitigen Dokument, das den UN-Bericht als „Lügen des Westens“ bezeichnet und die Notwendigkeit der Maßnahmen gegen „terroristische Aktivitäten“ in Xinjiang betont.
Brisant ist allerdings, dass Bachelet angab, seit Monaten unter massivem Druck gestanden zu sein – nicht nur durch China, sondern durch die Vertreter von insgesamt 40 Regierungen. Die Zusammenarbeit mit der Volksrepublik wird für ihre Nachfolger in der UNO mit Sicherheit noch schwieriger werden.
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