Flüchtlinge: Griechenland setzt Tränengas an Grenze ein

Flüchtlinge: Griechenland setzt Tränengas an Grenze ein
Es ist unklar, ob die Türkei mutwillig Flüchtlinge nach Europa schickt. Griechenland versucht, seine Grenzen zu schließen.

Als einige Migranten von der Türkei aus über die griechische Grenze zu kommen versuchten, setzte die Polizei Pfefferspray und Tränengas ein, wie das Staatsfernsehen berichtete.
Wie lange die Schließung dauern werde, sei unklar, berichtete das Staatsfernsehen Griechenlands. Reporter vor Ort berichteten, auf der griechischen Seite habe die Regierung zahlreiche Polizisten und Grenzschutzbeamte sowie Soldaten zusammengezogen.
 

Es sind Bilder, die an die Flüchtlingswelle 2015 erinnern: Türkische TV-Sender zeigen Flüchtlinge und Migranten, die sich in Autos, Bussen und zu Fuß in Richtung Grenze oder Küste aufmachen. Ihr Ziel: Europa.

Während die Türkei offiziell dementiert, wegen der kritischen Lage im syrischen Idlib die "Schleusen" geöffnet zu haben, reagieren betroffene, europäische Staaten bereits. Laut Berichten der deutschen Bild hat die griechische Regierung 50 Kriegsschiffe zu den griechischen Inseln geschickt, um die EU-Außengrenzen zu schließen. Zudem kreisen zehn Helikopter in Grenznähe.

Offene Grenze für Flüchtlinge: Das Ende des EU-Türkei-Deals?

Griechenland versucht, seine Grenzen komplett abzuriegeln. Das gilt demnach nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle. Die griechischen Truppen sind in höchster Alarmbereitschaft. Aus Regierungskreisen heißt es: "Griechenland hat die Bewachung seiner Grenzen zu Land und zu Wasser maximal verschärft."

Der große Grenzsturm scheint in Griechenland bisher auszubleiben: Bisher kam laut offiziellem Stand ein Flüchtlingsboot mit 15 Menschen und eines mit 50 Passagieren in Lesbos an.

Warum das alles, warum jetzt?

Nach der Tötung von 33 türkischen Soldaten im syrischen Idlib droht eine dramatische Verschärfung des Syrien-Konflikts. Die humanitäre Lage in Idlib verschlechtert sich zusehends, Menschen machen sich auf den Weg zur türkischen Grenze. In der Türkei sind allerdings bereits vier Millionen Flüchtlinge.

Die Soldaten sollen von der russischen Luftwaffe beschossen worden sein. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte nach der Sitzung des NATO-Rats, die Bündnispartner stünden solidarisch zur Türkei. "Wir rufen Russland und das syrische Regime dazu auf, die rücksichtslosen Luftangriffe zu stoppen."

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte davor, "in eine große, offene internationale militärische Konfrontation zu rutschen". Die EU werde alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz ihrer Sicherheitsinteressen prüfen.

Grenzen offen oder nicht?

Aber hat die Türkei überhaupt die Grenzen geöffnet und damit de facto den EU-Türkei-Deal aufgekündigt? Es herrscht Verwirrung.

Türkische Medien lieferten in der Nacht auf Freitag Berichte, auch ein Regierungsvertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Türkei werde die Grenzen nicht länger für Flüchtlinge schließen, "die nach Europa wollen".

Flüchtlinge auf dem Weg zur Türkisch-Griechischen Grenze

Gegen Freitagmittag wies Ankara diese Berichte dann offiziell zurück. "In der Flüchtlings- und Migrationspolitik unseres Landes, das die meisten Flüchtlinge in der Welt aufgenommen hat, gibt es keine Änderung", hieß es in einer veröffentlichten Stellungnahme des Außenministeriumssprechers Hami Aksoy.

Aksoy warnte aber, dass die Migrationsbewegungen in der Türkei Richtung Außengrenzen "im Falle einer Verschlechterung der Situation" stetig zunehmen könnten. Die Entwicklungen in Idlib und die Massenvertreibungen dort hätten "den Migrationsdruck, der auf unserem Land lastet" noch erhöht. Dies hätten auch die Flüchtlinge und Migranten im Land verfolgt, sodass sie nun angefangen hätten, "sich in Richtung unserer westlichen Grenzen zu bewegen".

Nach den Worten ihres Außenbeauftragten Josep Borrell hat die EU von der Türkei eine "Zusicherung" erhalten, dass Ankara sich an seinen Teil des Flüchtlingspakts halten wird. Das teilte Borrell am Freitag nach einem Telefonat mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu im Online-Dienst Twitter mit.

Zuvor hatte die EU die Türkei angesichts von Drohungen aus Ankara dazu aufgerufen, ihre Verpflichtungen einzuhalten. Die türkische Regierung habe Brüssel bisher nicht formell über eine veränderte Flüchtlingspolitik informiert, sagte der Sprecher der EU-Kommission, Peter Stano.

"Deeskalation bleibt der Schlüssel, um Herausforderungen vor Ort effektiv anzugehen", erklärte Borrell. "Menschliches Leid und der Verlust von Menschenleben müssen aufhören", forderte er.

Griechenland und Bulgarien reagieren

Griechenland verstärkte seine Grenzpatrouillen und schloss am Freitag den Grenzübergang zur Türkei bei Kastanies/Pazarkule. Dies berichtete das griechische Staatsfernsehen (ERT). Zuvor hatten sich nach Gerüchten über eine Öffnung der türkischen Grenzen für Flüchtlinge in Richtung Europa Hunderte Migranten an diesem Übergang nahe griechisch-türkischen Grenzfluss Evros (türkisch: Meric) versammelt.

Auf dem betreffenden, etwa zehn Kilometer langen Grenzabschnitt nahe der westtürkischen Stadt Edirne verläuft die Grenze nicht wie anderswo entlang des Evros, sondern über Land. Der Abschnitt war bereits früher schon beliebt unter Migranten gewesen, die illegal die Grenze nach Griechenland überqueren wollten.

Auch Bulgarien verschärfte seine Kontrollen an der Grenze zur Türkei, da sich Migrantengruppen auf die Grenze zubewegten, sagte Premierminister Bojko Borissow am Freitag. "Wir haben Daten über viel Gedränge", sagte Borissow.

Der im Exil lebende Journalist Can Dündar postete am Freitagvormittag ein Video. Es soll mehrere aus dem Gefängnis entlassene Flüchtlinge zeigen, die sich auf dem Weg zur griechischen Grenze befinden.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ist angesichts der Situation in der Region mit Regierungskollegen aus Griechenland und Bulgarien in Kontakt. Er habe zu Mittag zudem bereits mit EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas gesprochen und ihm mitgeteilt, Österreich sei dazu bereit, die Länder auf der Balkanroute auch mit zusätzlichen Polizisten zu unterstützen, teilte er mit.

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