Fallen gelassen: Plant Trump eine private Abschiedszeremonie?
Washington D.C. ist voll mit Barrikaden und Uniformierten. Nach der Erstürmung des Kapitols am vergangenen Mittwoch ist die Sicherheit rund um das Parlamentsgebäude massiv verstärkt worden. Zusätzlich sind vor der Angelobung des designierten Präsidenten Joe Biden am 20. Jänner 20.000 Nationalgardisten in die Hauptstadt berufen worden.
Zwar wird die Zeremonie mit deutlich weniger Gästen stattfinden als üblich, doch Polizei und FBI sind in Alarmbereitschaft, Demonstrationen und weitere Unruhen werden erwartet. Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, betonte aber am Freitag vor der Presse: Die kleinere Zeremonie sei der Pandemie geschuldet, "es ist kein Zugeständnis an die Terroristen".
Wer auf jeden Fall fehlen wird, ist der amtierende Präsident, der traditionell der Amtseinführung seines Nachfolgers beiwohnt. Trump aber hatte vergangene Woche via Twitter angekündigt, dass er nicht kommen werde. Er ist damit der erste US-Präsident seit mehr als 150 Jahren, der der Vereidigung fernbleibt.
21 Salutschüsse
Stattdessen wird er in den Morgenstunden des 20. Jänner das Weiße Haus (für immer?) verlassen und zu seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida fliegen. Dort soll sich sein künftiges Leben abspielen. Melania Trump soll sich kürzlich in der Nähe eine Schule für den gemeinsamen 14-jährigen Sohn Barron angesehen haben.
Abreisen will Donald Trump von der Andrews Air Force Basis südöstlich von Washington. Angeblich soll dort eine private Abschiedszeremonie stattfinden. Mit rotem Teppich, Militärkapelle und 21 Salutschüssen. Das berichtete ein Trump-Vertrauter der Associated Press.
Viele persönliche Gegenstände Trumps sind in den vergangenen Tagen bereits aus dem Weißen Haus gebracht worden. Gefundenes Fressen für Fotografen, die unter anderem ein großes gerahmtes Bild von Trump mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping das Haus verlassen sahen, oder eine Lincoln-Büste.
Einsamer Abschied
Um den Präsidenten jedenfalls dürfte es in den vergangenen Tagen immer einsamer geworden sein. Viele seiner Anhänger haben sich offenbar von ihm abgewendet. Auch geschäftlich dürfte es eine schwierige Zeit anstehen.
Laut einer neuen Studie des Pew-Instituts stellten Trump nur noch 29 Prozent der Befragten ein positives Zeugnis für seine Amtsführung aus, 68 Prozent missbilligten, wie der Präsident seinen Job ausführt. Ebensoviele wünschen sich, dass der Republikaner in den kommenden Jahren keine wichtige Rolle in der US-Politik mehr spielt.
Zuletzt soll sich Trump sogar mit seinem persönlichen Verteidiger, dem früheren New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, zerstritten haben. Auch politisch wenden sich viele frühere Loyalisten innerhalb der Republikanischen Partei von Donald Trump ab.
Juristische und politische Konsequenzen
In seiner neuen, alten Residenz in Florida wird sich Trump dem Golfen widmen, vor allem aber viel Zeit mit seinen Anwälten verbringen. Denn neben mehreren privaten Klagen, beschäftigt den Noch-Präsidenten vor allem das Impeachment-Verfahren, das am Mittwoch vom Kongress gestartet wurde und das wohl in den kommenden Tagen vom Senat aufgenommen werden wird. Der Vorwurf: Aufwiegelung zum Aufruhr.
Nancy Pelosi sagte am Freitag, Trump habe „zur aktiven Revolte angestachelt“. Sie kündigte eine „rigorose“ Überprüfung der Ereignisse an – nicht nur beim Impeachment-Verfahren im Kongress, sondern auch darüber hinaus. Die Untersuchung solle vom pensionierten General Russel Honoré geleitet werden.
"Politiker gefangen nehmen und töten"
In einem 18-seitigen Bericht der Staatsanwaltschaft Arizona zum konkreten Fall eines als Schamanen verkleideten QAnon-Anhängers heißt es, dass es „starke Beweise“ gebe, dass einige der Angreifer im Parlamentsgebäude Politiker „gefangen nehmen und töten“ wollten.
Außerdem soll untersucht werden, inwiefern Mitglieder der Republikanischen Partei den Eindringlingen geholfen haben, indem sie Tage vor der Kapitol-Erstürmung Verdächtigen Touren durch das Gebäude gegeben haben.
All das ist Gegenstand der Ermittlungen. Zudem kündigte auch die unabhängige Kontrollbehörde des Verteidigungsministeriums eine Untersuchung an. Unter anderem solle geklärt werden, welche Bitten um Unterstützung vor dem 6. Jänner und dann während der Erstürmung des Kapitols beim Pentagon eingingen und wie diese beantwortet worden seien, hieß es.
Zuvor hatte es Medienberichte gegeben, die nahelegten, dass die Führung des Heeres während der Krise die Mobilisierung der Nationalgarde verzögert hatte.
Friedliche Übergabe auf Vize-Ebene
Inmitten der Spannungen vor der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Joe Biden hat der scheidende Vizepräsident Mike Pence mit seiner Nachfolgerin Kamala Harris telefoniert. Die New York Times berichtete, Pence habe Harris gratuliert und ihr Hilfe angeboten.
Der abgewählte Präsident Donald Trump hat seinen Nachfolger Biden auch mehr als zwei Monate nach der Wahl noch nicht angerufen.
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