Martin Schulz: Von Straßburg ins deutsche Außenamt?

Der EU-Parlamentspräsident wird als Nachfolger von Außenminister Frank-Walter Steinmeier gehandelt, der der nächste Präsident Deutschlands werden soll.

In den kommenden Wochen könnte es zu einer größeren Rochade in der deutschen und europäischen Politik kommen. Nach der Entscheidung der Koalition, Frank-Walter Steinmeier als Kandidaten für die Nachfolge von Joachim Gauck als Präsident zu ernennen, ist der Poker um das nächste Amt eröffnet. Als aussichtsreichster Kandidat auf den Posten des deutschen Außenministers gilt Martin Schulz, seit 2012 Präsident des Europäischen Parlaments.

Schulz würde gerne in Straßburg bleiben

Die Nachricht aus Deutschland kommt für Martin Schulz eigentlich sehr gelegen. Denn wenn sich der in Nordrhein-Westfalen geborene Politiker an sein 2014 schriftlich gegebenes Ehrenwort hält, muss er Anfang kommenden Jahres seinen Posten als Präsident des EU-Parlaments abgeben. Dann soll ein Mitglied der Konservativen Europäischen Volkspartei EVP an der Spitze der europäischen Volksvertretung stehen. Darüber war man sich zumindest im Jahr 2014 einig. Deshalb wird auch seit Wochen darüber spekuliert, was Schulz nach seiner Amtszeit politisch machen wird: normaler EU-Parlamentarier oder zurück nach Deutschland?

Martin Schulz: Von Straßburg ins deutsche Außenamt?
epa04504320 Martin Schulz (L), President of the European Parliament, and Jean-Claude Juncker, President of the European Commission, stand in front of the stars of the European Union flag before his speech about the jobs, growth and investment package at the European Parliament in Strasbourg, France, 26 November 2014. EPA/PATRICK SEEGER

In Straßburg ist es freilich ein offenes Geheimnis, dass der deutsche Politiker gern eine weitere – mittlerweile dritte – Amtszeit als Präsident bleiben würde. Unterstützung bekommt er standesgemäß von der S&D-Fraktion, den europäischen Sozialdemokraten. Schulz soll zumindest bis zur Europawahl 2019 im Amt bleiben, heißt es. Allerdings gilt eine Verlängerung wegen des Pakts mit der EVP als eher unwahrscheinlich. Auch, wenn sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Rats-Chef Donald Tusk (beide EVP-Politiker), dessen Amtszeit ebenfalls Mitte 2017 endet, für die Wiederwahl des Deutschen ausgesprochen haben.

Abmachung bleibt eben Abmachung.

Außerdem: Wenn Schulz seinen Platz nicht räumt, würde der gelernte Buchhändler aus dem deutschen Dorf Würselen als wortbrüchig gelten. "Daher wäre das Auswärtige Amt jetzt für Schulz die konsequente Fortsetzung seiner Laufbahn", meint jedenfalls Ralph Sina vom ARD-Studio in Brüssel.

Immer wieder Martin Schulz

Erst im Sommer hatte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel den EU-Parlamentarier nach Berlin locken wollen – bisher erfolglos. Gabriel suchte einen neuen Generalsekretär. Diese Funktion lehnte Schulz aber dankend ab. Doch sein Name geistert seitdem immer wieder innerhalb der SPD umher. Zunächst als Spitzenkandidat für die deutsche Bundestagswahl 2017, und nun als Chef des Außenamtes, wo der ehemalige Bürgermeister von Würselen seine Erfahrungen in der deutschen Politik wieder auffrischen könnte - zumindest vor einem möglichen Kanzlerduell "Schulz/Merkel".

Martin Schulz: Von Straßburg ins deutsche Außenamt?
epa03949334 President of the European Parliament Martin Schulz (L) speaks with Chairman of the German Social Democratic Party (SPD) Sigmar Gabriel (R) during the SPD party convention in Leipzig, Germany, 14 November 2013. The Social Democrats' federal party convention takes place from 14 until 16 November. The SPD plans to seek approval for any coalition deal with the conservatives from its 473,000 members in a December ballot. A 'yes' vote will allow Merkel to be sworn in for a third term before Christmas. EPA/JAN WOITAS

In der SPD scheint man sich sicher zu sein, dass der passionierte Fußballer von Straßburg nach Berlin wechseln wird. Sollte er im kommenden Jahr für den Deutschen Bundestag kandidieren, werde ihm sein Landesverband Nordrhein-Westfalen den sicheren Listenplatz eins zugestehen, meldete das Nachrichtenmagazin Der Spiegel vor einigen Wochen. SPD-Vizechef Ralf Stegner sagte dem Tagesspiegel, Schulz könne Kanzlerin Angela Merkel schlagen. Dieser könne aber nur antreten, wenn Partei-Chef Gabriel auf die Kandidatur verzichtet.

Traumziel verpasst

Dass das eigentliche Traumziel von Schulz allerdings ein anderes Amt war, ist bekannt. 2014 trat er für die europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten für die Europawahl an, um Präsident der EU-Kommission zu werden. Gegen Jean-Claude Juncker, den konservativen, aber amikalen Konterpart, konnte er sich aber nicht durchsetzen. Deshalb schien die darauffolgende Wiederwahl zum EU-Parlamentspräsidenten für viele Beobachter eine Art Trostpreis zu sein.

Nach 22 Jahren im EU-Parlament stehen somit alle Zeichen auf Abschied.

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