NGO droht Bestrafung als "ausländischer Agent"

Ein scharfer Kritiker Putins soll sich im Sinne des umstrittenen "Agentengesetzes" schuldig gemacht haben.

Erstmals will die russische Justiz eine Nichtregierungsorganisation (NGO) wegen Verstoßes gegen das umstrittene "Agentengesetz" bestrafen. Den renommierten Wahlbeobachtern von Golos ("Stimme") droht eine Geldstrafe von bis zu 500.000 Rubel (12.500 Euro). Ein solch hoher Betrag wäre nach Ansicht von Experten ein harter Schlag für die kremlkritische Organisation.

Vorwürfe

Golos habe sich nicht wie gesetzlich vorgeschrieben als "ausländischer Agent" bezeichnet, obwohl die Organisation finanzielle Hilfe aus dem Ausland erhalte. Das teilte das Justizministerium in Moskau am Dienstag der Agentur Interfax zufolge mit. Die NGO sei zudem politisch tätig und wolle das russische Wahlgesetz ändern, behauptete die Behörde.

Golos widersprach. Seit Inkrafttreten des Gesetzes habe die Organisation keine Finanzhilfe aus dem Ausland erhalten, sagte Chefin Lilija Schibanowa. Golos hatte zahlreiche Verstöße aufgedeckt bei den Parlamentswahlen am 4. Dezember 2011 wie auch bei der Präsidentenwahl am 4. März 2012, nach der Wladimir Putin wieder in den Kreml einzog.

"Golos schützt das Wahlrecht der russischen Bürger, und die Behörden fürchten freie Wahlen"

Die prominente Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa warf den Behörden vor, Golos absichtlich als Opfer ausgesucht zu haben. "Von allen NGO nervt Golos die Machthaber am meisten. Golos schützt das Wahlrecht der russischen Bürger, und die Behörden fürchten freie Wahlen", sagte Alexejewa. Sie will gegen das "Agentengesetz" beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg klagen.

Putin hatte am Vortag in Hannover Kritik auch der Bundesregierung an dem von ihm unterzeichneten "Agentengesetz" zurückgewiesen. Bürgerrechtler befürchten, mit dem Dokument als Spione gebrandmarkt zu werden.

Nach Razzien gegen Dutzende NGO in den vergangenen Wochen hatten die Behörden bereits mehrere Geldstrafen verhängt. Grund waren etwa Verstöße gegen Brandschutzvorschriften, die nach Ansicht von Bürgerrechtlern aber nur ein Vorwand waren. Das Justizministerium kündigte für dieses Jahr Kontrollen von insgesamt mehr als 7000 NGO an.

Kommentare