Erdogan: "Nationale Mobilmachung" gegen Terrorismus

Recep Tayyip Erdogan während seiner Rede.
Mit martialischen Worten fordert Recep Tayyip Erdogan die Türken zum Kampf gegen Terrorismus auf. Bespitzeln inklusive.

Nach dem Doppelanschlag in Istanbul mit mindestens 44 Toten will der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan das gesamte Volk im Kampf gegen den Terrorismus mobilisieren. "Ich rufe eine nationale Mobilmachung gegen alle Terrororganisationen aus", sagte Erdogan am Mittwoch vor Ortsvorstehern in Ankara. Jeder Terrorist sei der Feind von 80 Millionen Türken "und wird auch so behandelt".

Verdächtige melden

Der Präsident rief das Volk dazu auf, alle Verdächtigen bei den Sicherheitsbehörden zu melden. Sicherheitskräfte müssten Terroristen so hart bekämpfen, wie es die Gesetze zuließen. Der Staat und das Volk würden den Terroristen "keine Luft zum Atmen lassen".

Soylu: "Das ist ein gemeinsamer Kampf"

Bereits am Dienstag rief Innenminister Süleyman Soylu die Bevölkerung zur Anzeige von Sympathisanten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK aufgerufen. "Wo auch immer Ihr seid, zeigt die PKK-Sympathisanten und die, die in den Dörfern Druck auf die Bürger ausüben, bei der Polizei und der Gendarmerie an." Er fügte hinzu: "Wir werden jenen, die diesem Volk Leid antun, ebenfalls Leid antun." Die Türkei werde in ihrem Kampf gegen den Terrorismus nicht nachlassen, bloß weil jemand "uns verurteilt oder uns nicht in seine Union aufnimmt", betonte Soylu mit Blick auf die EU. "Wir sind entschlossen, die 780.000 Quadratkilometer Erde dieses Vaterlandes von diesen Banditen zu säubern."

HDP-Politiker verhaftet

Ungeachtet der Kritik aus der EU sind in der Türkei zwei weitere Abgeordnete der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP unter Terrorverdacht verhaftet worden. Wenige Stunden nach ihren Festnahmen wurden gegen Caglar Demirel und Besime Konca Haftbefehle erlassen, wie Anadolu meldete.
Damit sitzen inzwischen zwölf HDP-Parlamentarier in Untersuchungshaft, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Die HDP kündigte am Mittwoch an, bei den Justizbehörden Beschwerde gegen die "illegalen Festnahmen, Verhaftungen und die Isolationshaft" ihrer Funktionäre einzulegen. Demirel, die auch Ko-Fraktionschefin der HDP im Parlament in Ankara ist, und Konca würden "Mitgliedschaft in einer Terrororganisation" und "Terrorpropaganda" vorgeworfen, berichtete Anadolu.

In der mehrheitlich kurdischen Südosttürkei wurden drei weitere Bürgermeister festgenommen. Gegen die Bezirksbürgermeister Ihsan Ugur, Özcan Birlik und Felemez Aydin würden Terrorismusvorwürfe erhoben, meldete Anadolu am Mittwoch. Die Verwaltungsbezirke der drei Politiker liegen in der Provinz Bitlis. Die Bürgermeister gehören der DBP an, dem kommunalen Ableger der pro-kurdischen HDP. Die HDP ist die zweitgrößte Oppositionspartei im Parlament in Ankara.

568 Menschen alleine am Montag und Dienstag verhaftet

In landesweiten Razzien waren nach Anadolu-Angaben am Montag und Dienstag mindestens 568 Menschen wegen Terrorvorwürfen festgenommen worden, darunter zahlreiche Funktionäre der HDP.

Putschversuch

Zudem seien seit dem Putschversuch im Juli in der Türkei 40.000 Personen festgenommen worden, erklärte der türkische Präsident. Mehr als 100.000 Beamte, Militärangehörige, sowie Mitarbeiter der Justiz und anderer öffentlicher Einrichtungen seien entlassen worden.

Erdogan geht im Zusammenhang mit dem Putschversuch seit Monaten massiv gegen unterschiedliche Gruppen vor, darunter auch Journalisten und Hochschulangestellte. Im Nachbarland Syrien startete das Militär im August eine Offensive, um den IS aus der Grenzregion zu vertreiben und Kurden-Kämpfer auf Abstand zu halten. Die Regierung fürchtet, dass militärische Erfolge der Kurden in Syrien Unabhängigkeitsbestrebungen der Volksgruppe in der Türkei Auftrieb geben. Zuletzt hatte die Türkei zusammen mit Russland eine Waffenruhe in der heftig umkämpften Stadt Aleppo vermittelt, die sich aber als brüchig erwies.

Hintergrund

Bei einem Doppelanschlag in Istanbul am Samstagabend starben mindestens 44 Menschen. Zu dem Anschlag bekannte sich eine Splittergruppe der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Regierung in Ankara hat nach Angaben der HDP inzwischen 41 Gemeindeverwaltungen der DBP unter staatliche Zwangsaufsicht gestellt. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnet die HDP als verlängerten Arm der PKK. Diese weist die Vorwürfe zurück.

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