Donald Trumps großes Business mit dem Frieden

August 2025: Trump mit Aserbaidschans Präsident Alijew (li.) und  Armeniens Premier Paschinjan.
Für die Friedensabkommen, die sich der US-Präsident auf die Fahnen heftet, verlangt Trump nicht weniger als den Nobelpreis. Doch vielerorts, wo vermittelt wurde, gehen die Konflikt weiter. Die USA profitieren in jedem Fall.

"Ich widme diesen Preis der leidenden Bevölkerung Venezuelas und Präsident Trump für seine entschlossene Unterstützung unserer Sache", schrieb die rechtsliberale María Corina Machado im Oktober auf X, just nachdem sie als Friedensnobelpreisträgerin gekürt worden war. Donald Trump hätte die Auszeichnung am liebsten selbst erhalten.

Der US-Präsident rühmt sich mit der Vermittlung von acht Friedensabkommen auf der ganzen Welt; das jüngste zwischen Israel und der Hamas, gerade einmal zwei Monate alt und alles andere als in trockenen Tüchern. Trump hat die Vorstellung seines Friedensrates, dem er vorsitzen will, auf 2026 verschoben, die muslimischen Länder fürchten sich davor, die Truppen zur Entwaffnung der Hamas zu stellen. Für seinen neunten "Coup", Frieden zwischen Russland und der Ukraine, verlangt Trump von Kiew Zugeständnisse, die im Grunde einer Kapitulation gleichen.

"Man muss Trump zugestehen, dass er in mehreren Konflikten in sehr kurzer Zeit Gewaltpausen vermittelt hat", sagt der Politikwissenschaft David Gazsi von der Uni Wien. Die USA hätten Außenpolitik stets mit wirtschaftlichen Interessen verknüpft, schon lange vor Trump; Gazsi erinnert an den Marshall-Plan, "der als Ziel den Aufbau neuer Märkte hatte." Auch das bleibende Vermächtnis eines Friedensabkommens war für viele US-Präsidenten vor Trump ein treibendes Motiv: "Eisenhower beendete den Korea-Krieg, Carter den zwischen Israel und Ägypten, Clinton war am Ende des Bosnien-Kriegs beteiligt", sagt Gazsi.

Doch das eigenständige Vorgehen der USA, ohne Absprache mit multilateralen Organisationen wie den UN, und der Fokus auf Handelsabkommen, deren Aushandlung sonst Monate dauern würden, das ist neu, sagt Gazsi. "Konfliktlösung und Waffenstillstand ist nicht dasselbe. Schnelle Erfolge sind wichtig, aber nicht nachhaltig."

Ein Überblick, wie es um die Friedensabkommen, die Trump für sich reklamiert, steht.

Armenien und Aserbaidschan

Frieden zwischen "Albanien und Aserbaidschan", verkündete Trump im August, und meinte eigentlich Armenien und sein Nachbarland. Der Verhaspler sorgte für mehr Aufmerksamkeit als das Abkommen an sich. Denn die seit dem Zerfall der Sowjetunion umkämpfte Enklave Bergkarabach war bereits im September 2023 vom militärisch überlegenen Aserbaidschan ohne großen Widerstand und internationale Empörung erobert worden. Etwa 120.000 Menschen, mehrheitlich ethnische Armenier, flohen nach Armenien.

Das Friedensabkommen gleicht somit vielmehr einer Kapitulationsurkunde für Jerewan, das den USA zudem für 99 Jahre das exklusive Entwicklungsrecht für den Bau des Sangesur-Korridors, von Aserbaidschan nach Bergkarabach eingeräumt hat. Ihr Name: "Trump-Route für internationalen Frieden und Wohlstand", kurz: TRIPP.

Iran und Israel

"... und ab der 24. Stunde der Waffenruhe wird die Welt das offizielle Ende des zwölftägigen Krieges feiern“, schrieb Trump am Ende eines langen Postings in den Sozialen Medien. Israel hatte zuvor den Iran aus der Luft angegriffen, der hatte über mehrere Nächte mit Raketenangriffen geantwortet. Bis die U.S. Air Force am 22. Juni in den Konflikt eintrat und die unterirdischen Nuklearanlagen im Iran bombardierte. Ein Angriff um, wie Trump schrieb, "die Kämpfe zu beenden".

Bis heute hält der brüchige Waffenstillstand, auch wenn Israels Regierung schon mehrfach andeutete, dass man den Iran jederzeit wieder angreifen könnte.

Auf  Israels Premier Netanjahu übte Trump mehr Druck aus als sein Vorgänger Joe Biden. Fragil ist die Waffenruhe in Gaza trotzdem.

Auf  Israels Premier Netanjahu übte Trump mehr Druck aus als sein Vorgänger Joe Biden. Fragil ist die Waffenruhe in Gaza trotzdem.

Thailand und Kambodscha

Ende Oktober stand der US-Präsident in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur applaudierend daneben, als die Regierungschefs von Kambodscha und Thailand ihr Friedensabkommen unterzeichneten. Vermittelt – oder, besser: erzwungen – hatte es Trump im Juli, nachdem entlang der Grenze beider Nachbarstaaten Kämpfe ausgebrochen waren.

Das gelang, indem Trump beiden Seiten offen drohte: Beiden Staaten hatte er zuvor, im April, mit drakonischen Strafzöllen in Höhe von 36 (Thailand) und 49 Prozent (Kambodscha) belegt; beide Regierungen befanden sich deshalb gerade in Verhandlungen über einen "Deal“. Sollten sie die Kämpfe nicht sofort beenden, so Trump, würde er diese Verhandlungen platzen lassen.

Die Wurzel des mehr als einhundert Jahre schwelenden Grenzkonflikts war damit keinesfalls beseitigt. Mehrfach beschuldigte Thailand seither Kambodscha, entlang der Grenze Tretminen verlegt und damit gegen das Abkommen verstoßen zu haben. Als in dieser Woche ein Thai-Soldat auf eine Mine stieg und starb, eskalierte die Lage erneut – beide Seiten beschießen einander seither wieder mit Artillerie, hunderttausende Zivilisten wurden evakuiert.

ASEAN-Gipfel im Oktober: Anutin Charnvirakul (Thailand, li.) und Hun Manet (Kambodscha).

ASEAN-Gipfel im Oktober: Anutin Charnvirakul (Thailand, li.) und Hun Manet (Kambodscha). 

DR Kongo und Ruanda

"Ein großartiger Tag für Afrika!“, jubelte Trump im Juni, als er den Friedensvertrag zwischen der DR Kongo und Ruanda verkündete. Die Präsidenten Félix Tshisekedi und Paul Kagame schüttelten einander Anfang Dezember in Washington die Hände; diese Woche drangen die von Ruanda unterstützten und von ethnischen Tutsi angeführten M23-Rebellen weiter in den Osten der DR Kongo vor. Mindestens 200.000 Menschen sind geflohen. Der aktuelle Konflikt fußt auf dem Völkermord von 1994, als Tutsi von Extremisten der Volksgruppe Hutu ermordert wurden. Die M23-Miliz behauptet, ethnische Tutsi vor kongolesischen Hutu zu beschützen.

Trumps Abkommen schließt die M23-Miliz nicht sein, verpflichtet jedoch Ruanda, die Unterstützung einzustellen – die Ruandas Machthaber Kagame trotz Beweisen stets leugnete. Eine Rückgabe der von der M23 eroberten Gebiete sieht das Abkommen nicht vor, dafür einen Zugang der USA zu kongolesischem Gold und Coltan. In den vergangenen Jahren hat die M23 mehrere Bergbaugebiete besetzt, und liefert laut UN monatlich rund 120 Tonnen Coltan nach Ruanda.

Dezember: Paul Kagame (Ruanda, li.) und Félix Tshisekedi (DR Kongo) im Weißen Haus.

Dezember: Paul Kagame (Ruanda, li.) und Félix Tshisekedi (DR Kongo) im Weißen Haus. 

Indien und Pakistan

Nachdem Islamisten im indisch kontrollierten Teil der umstrittenen Region Kaschmir 34 Hindu-Touristen erschossen hatten, reagierte die Armee am 7. Mai mit Luftangriffen auf den Nachbarn Pakistan – die "Operation Sindoor“. In den folgenden Tagen kam es zwischen den Atommächten unter anderem zur wohl größten Luftschlacht des 21. Jahrhunderts, im Zuge derer Pakistans Luftwaffe sechs indische Kampfsjets vom Himmel holte. Indien dementiert das.

Nach vier Tagen erklärte Trump über die sozialen Medien, dass wieder Frieden herrsche, den er vermittelt habe. Im Gegenzug würden die USA den Handel mit Indien und Pakistan "erheblich ausbauen“. Stunden später kam die Bestätigung aus Delhi und Islamabad, Pakistans Premier Shehbaz Sharif hob Trumps "zentrale Rolle“ bei den Verhandlungen hervor.

In Indien war man jedoch verprellt. Verteidigungsminister Rajnath Singh wies Trumps Behauptung als "haltlos“ zurück, alle Gespräche hätten "direkt zwischen beiden Streitkräften“ stattgefunden. Laut indischen Medienberichten sei Trumps Vermittlung nicht notwendig gewesen – dass er sich trotzdem mit dem Waffenstillstand brüstete, habe vor allem Regierungschef Narendra Modi nachhaltig verstimmt. Der Premier lieferte sich später einen Zoll-Streit mit Trump, tauchte wieder persönlich bei BRICS-Gipfeln auf und empfing im Dezember Wladimir Putin in Delhi.

Mit dem Trostpflaster, dem ersten FIFA-Friedenspreis, den ihm  der befreundete Verbandspräsident Gianni Infantino überreicht hat, wird er sich kaum begnügen.  

Mit dem Trostpflaster, dem ersten FIFA-Friedenspreis, den ihm  der befreundete Verbandspräsident Gianni Infantino überreicht hat, wird er sich kaum begnügen.   

Auch das Ausbleiben von gewaltvollen Zusammenstößen zwischen dem Kosovo und Serbien reklamiert Trump für sich. Unter Trump I wurde eine Normalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen erreicht. Friedensabkommen gibt es aber keines. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner baut auf dem Gelände des ehemaligen Hauptquartiers der serbischen Streitkräfte in Belgrad einen luxuriösen Hotelkomplex, wofür der Denkmalschutz des gebäudes aufgehoben und das Verwaltungsverfahren beschleunigt wurde.

Trump behauptet auch, in seiner ersten Amtszeit einen Krieg zwischen Ägypten und Äthiopien beendet zu haben. Das Verhältnis der Länder ist angespannt, besonders wegen des Grand-Ethiopian-Renaissance-Staudamms, dem größten in Afrika. Ägypten fürchtet deswegen einen Wassermangel im Nil – doch im Krieg befanden sich die beiden Länder nie.

Im Hintergrund plant Trump auch schon den nächsten "Frieden“: Washington bemüht sich um Verhandlungen zwischen der Armee und den Rapid Support Forces (RSF) im Sudan. Auch dort gibt es etwas zu holen – nämlich reichlich Gold.

Friedenspolitische Maßnahmen wie Wiederaufbau oder Stabilisierung würden bei den meisten verhandelten Abkommen nicht priorisiert, sagt Politikwissenschafter Gazsi. Doch gerade dafür bräuchte es multilaterale Organisationen, die den Prozess überwachen, die Trump aber lieber selbst stellt oder weglässt, als etwa auf die UN zurückzugreifen.

Was den Krieg Russlands in der Ukraine als auch einen nachhaltigen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern angeht, ist Gazsi wenig optimistisch: "Putin und Netanjahu brauchen den Krieg für ihren Machterhalt und die Zustimmung ihrer Wählerschaft.“ Da stößt selbst Trumps wirtschaftlicher und politischer Druck an seine Grenzen.

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