30 Jahre nach dem Völkermord: Wie Ruanda zum "Vorzeigeland" wurde

Straßenbild in Kigali, Juni 2022.
Sauber, sicher, digital und kaum korrupt: Ruanda gilt heute als attraktives Investitionsland und Hotspot für "digitale Nomaden". Der Preis für die Entwicklung des ostafrikanischen Landes, so Kritiker: ein autoritärer Präsident.

"Es ist mein erstes Mal in Kigali, und ich bin schockverliebt", schwärmt eine YouTuberin. Die junge Frau filmt sich auf ihrem Weg durch die Hauptstadt, zuerst ins Fitnessstudio, dann ins Café. Im Hintergrund begrünte, saubere Straßen, die bunten Wände von Bars und Restaurants. "Hier gibt es schnelles W-Lan und an jedem Tisch Steckdosen", sagt sie. Ihr Video nennt sie "Ein Tag im Leben eines Digital Nomad in Kigali".

Digitale Nomaden, also Selbstständige oder Arbeitnehmer, die fast ausschließlich digitale Dienstleistungen anbieten, und dafür an keinen festen Arbeits- oder Wohnort gebunden sind – sie gehören zu jener Zielgruppe, um die das kleine Ruanda, das in etwa so groß ist wie Niederösterreich und das Burgendland zusammen, seit einiger Zeit stark wirbt. 

Drei Jahrzehnte nach dem grausamsten Kapitel der Geschichte des Landes, dem Völkermord 1994 an Hunderttausenden ethnischen Tutsi, gilt Ruanda heute als ostafrikanisches "Vorzeigeland" in jeglichen Bereichen: Einwegplastiksackerl sind verboten, die Kriminalitätsrate ist gering, Korruption gibt es kaum. In vielen staatlichen Unternehmen und Behörden gilt eine Geschlechterparität, im Parlament sind sogar 61 Prozent der Abgeordneten Frauen. Reisende lockt das Land mit Öko-Tourismus und Gorilla-Trecking.

"Ruanda hat nach dem Genozid nicht von null, sondern aus dem Minusbereich gestartet", verdeutlicht ein Mann aus Kigali den Fortschritt seines Landes.

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