"Hatte Gott an meiner Seite"
Trump erzählt fast demutsvoll klingend, wie es war, als eine Gewehrkugel sein Ohr streifte. Wie auf einmal alles voller Blut gewesen sei. Wie die Agenten vom Secret Service sich aufopferungsvoll auf ihn gestürzt hätten, um ihn zu schützen. Wie er gesehen habe, dass das Publikum bei ihm blieb. „Ich fühlte mich sicher, ich hatte Gott an meiner Seite.”
Um dem bei dem Attentat ums Leben gekommenen Firefighter Corey Comperatore zu gedenken, küsst Trump melodramatisch eine bereitgestellte Feuerwehrmann-Uniform und berichtet von einer Millionen-Spende für die Angehörigen. Szenen, die in der von über 15.000 Menschen besuchten Fiserv-Arena für Tränenfluss sorgen. Besonders als er mit Rückgriff auf den Attentäter sagt: „Ich sollte heute nicht hier sein.”
Doch Trump, der Überlebende mit dem großen, weißen Pflaster am rechten Ohr, ist in Wahrheit immer noch ganz der Alte. Mit fortlaufender Redezeit wird klar: Das mit der demütigen Stimme war nur geschauspielert. Immer häufiger fällt er schon bald in das schräpige, aggressive Timbre zurück, dass man schon hundertfach gehört hat. Inklusive Sätzen, die nicht nach Einheit und Neuanfang schmecken. Sondern nach Vertiefung der Spaltung.
"Zehn schlimmsten Präsidenten nicht so schlimm wie Biden"
Der Leitsatz der Litanei, die im Hallenrund viele sichtbar ermüdet, es war bereits 22.30 Uhr, geht so: „Die zehn schlimmsten Präsidenten dieses Landes sind zusammen genommen nicht so schlimm wie Joe Biden.” Was der Demokrat Amerika angetan habe, sei „unglaublich”. Was denn?
Die hohe Inflation. Die noch höheren Preise für Benzin und den Supermarkt. Die mordenden und vergewaltigenden illegalen Einwanderer an der Grenze zu Mexiko. Und, und, und. Fazit: „Wir sind ein Land im Abstieg.” Trump ist inzwischen ganz auf der üblichen Betriebs-Temperatur seiner Polemik-Küche angekommen. Die Angriffe auf den Gegner werden zum Sperrfeuer.
So sollen die Demokraten (es sind Gerichte, die über ihn urteilen) endlich die „Hexenjagd” (gemeint sind die Prozesse) gegen ihn einstellen; alle. Habe doch eh keinen Zweck, ist seine Botschaft. „Wir werden sowieso gewinnen.” Auch wenn die Demokraten „gerne bei den Wahlen schummeln”. Letztens hätten sie „Corona benutzt, um zu betrügen”.
"Sind zu einer Müllhalde geworden"
Ab Minute 45 wird es immer wirrer, düsterer, konfuser. Und langatmiger. Man weiß nicht, ob das monotone Herunterrasseln von hinlänglich bekannten Versatzstücken vom Teleprompter kommt oder aus Trump selber. Neue Politik-Angebote, bis auf die versprochene Massen-Abschiebung von illegalen Einwanderern, gibt es nicht.
Trump hasst die Einwanderer, das wird klar. „Sie kommen von überall”, sagt er und fügt hinzu: „Wir sind zu einer Müllhalde für den Rest der Welt geworden.” Menschen gleich Müll? Was daran ist versöhnlich?
Auch sein Versprechen, „jede einzelne internationale Krise zu lösen”, von Ukraine/Russland bis Israel/Gaza, hat man schon hundert Mal gehört. Wie er das schaffen will, bleibt unscharf.
Am Ende kommt die ganze Familie, auch Gattin Melania ist nach monatelanger Abwesenheit ganz in Rot anwesend, auf die Bühne. Blau-weiß-rote-Luftballons regnen herab von der Hallendecke. Wer noch kann im Publikum, klatscht. Dann ist der Parteitag vorbei. In vier Monaten wird gewählt. Trump, das Attentatsopfer - wie gehabt.
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