Die Queen und ihr Begräbnis: Ein letztes Mal die Pflicht erfüllt
Sie hatte es genau so gewollt und die Zeremonie zuletzt selbst noch bis ins Detail geplant: Das Staatsbegräbnis von Königin Elizabeth II war alles, das sie auch ein Leben lang verkörpert hatte. Ein Land überladen mit vergangener Größe, durfte diese noch einmal in aller oft seltsam aus der Zeit gefallenen Symbolik und Pracht aufmarschieren lassen.
Mit militärischer Präzision und im strengen Gleichschritt lief ein Ritual ab, würdevoll, aber mit wenigen wirklich emotionalen Augenblicken.
Zeremonielle Weltmacht
Und das vor den Augen der Weltöffentlichkeit, wie es nicht nur der Dean der Westminster Kathedrale in seiner Predigt, sondern auch die staatstragenden Moderatoren der BBC unaufhörlich erwähnten.
Von US-Präsident Joe Biden bis zu afrikanischen Herrschern, in groteske Uniformen gezwängt, und Prinzen aus arabischen Ölfürstentümern. Großbritannien durfte dank seiner verstorbenen Königin noch einmal die zumindest zeremonielle Weltmacht sein, die sie ein Leben lang zusammenzuhalten versucht hatte.
Nicht nur die ausländischen Staatsoberhäupter, auch das politische Großbritannien und nicht zuletzt die königliche Familie hatten sich nach Vorschrift in den streng getakteten Ablauf dieses Zeremoniells einzuordnen. Ein Zeremoniell, das – ganz wie die Königin selbst – vor allem zwei Haupteigenschaften aufwies: militärische Präzision und tiefe Religiosität.
Da mussten all ihre Premierminister von John Major bis Boris Johnson, die nicht schon lange vor ihr aus dem Leben geschieden waren, sich ordentlich nach Amtszeit in die Kirchenbänke der Westminster Abbey drücken, nachdem sie zuvor schon wie eine Schülergruppe an der Kirchentüre zusammen warten mussten.
Und wie unter Schülern wurden da auch böse Blicke ausgetauscht. Boris Johnson, ohnehin notorischer Spaßmacher und Störenfried, trug nicht nur einen bemerkenswert zerknitterten Anzug, sondern kriegte das mit dem Einreihen auch nicht gleich hin.
König im Gleichschritt
Im knallenden Gleichschritt von 98 Seeleuten hatte der Sarg der Queen schon den kurzen Weg bis zur Kathedrale zurückgelegt. Wie Pferde ins Geschirr gelegt – ein bizarres Erbe aus der Zeit Königin Viktorias – zogen und schoben sie einen tonnenschweren Kanonenwagen, auf dem der Sarg ruhte.
Gleich hinter dieser beinahe bedrohlichen Formation marschierten Kinder und Enkel der Königin, und auch die mussten bis vor das Kirchentor den Gleichschritt mit den Seeleuten einhalten.
In der Kirche schließlich reihten sich George und Charlotte, William und Kates Kinder und die Urenkel der Königin in die Prozession hinter dem Sarg ein. Die 7-jährige Charlotte schaute sich immer wieder zu ihrem 9-jährigen Bruder um, wie um sich zu vergewissern, dass sie auch alles richtig machte: vielleicht der menschlichste Moment in einem Tag voll von imperialem Zeremoniell.
Hunderttausende verabschieden sich
Doch die Königin hatte auch bei der Planung ihres letzten öffentlichen Auftritts vor allem an ihre Landsleute gedacht. Ein Leben lang war sie freundlich lächelnd, Hände schüttelnd und mit ein paar feinen Scherzen durch ihr Land, durch die ehemaligen Kolonien und auch durch den Rest der Welt gereist.
Jetzt reiste sie auch auf ihrem letzten Weg in Richtung Schloss Windsor noch einmal ausführlich durch die Hauptstadt – vorbei an den Hunderttausenden, die gekommen waren, um sich von ihr zu verabschieden.
Da gab es natürlich die routinierten Schlachtenbummler, die oft schon am Vortag mit dem Zelt angereist waren, es gab die Zaungäste, die sich das „einfach nicht entgehen lassen wollten“, wie das Paar aus Kanada, das eigentlich Tickets für den Buckingham Palast gebucht hatte, „aber der war ja leider geschlossen.“
Stark vertreten und an ihren mächtigen Ordensbändern zu erkennen, die Armeeveteranen, die vorsorglich mit einem Flachmann ausgerüstet waren. So vertrieben sie sich die Wartezeit auf die Königin mit einem „Prost auf den Chef“, schließlich war Elizabeth ja auch Oberbefehlshaberin.
Erinnerung an Krönung 1953
Manche aber hatten ihre persönlichen Erinnerungen an die Königin hierher in die Menge mitgenommen. Wie der 78-jährige Brian. Heute ein pensionierter Richter, war er schon 1953 an der Ecke des Hyde Park gestanden. Es war Elizabeths Krönung, und Brian erinnert sich vor allem daran, dass es „so geschüttet hat, dass sogar mein Regenmantel nicht standgehalten hat.“
Winken und Händeschütteln konnte Elizabeth jetzt nicht mehr, aber zumindest hatte sie selbst dafür gesorgt, dass der Wagen, in dem sie schließlich nach Windsor gebracht wurde, möglichst viel Sicht auf ihren Sarg bot.
Erst wenn auch diese Pflicht erfüllt war, konnte sie sich in einer privaten Zeremonie in der Burgkapelle von Windsor endgültig von einem Leben in und für die Öffentlichkeit verabschieden.
Ihr Motto galt bis zuletzt: „Ich muss gesehen werden, damit man mir glaubt.“
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