Begräbnis der Queen: Wo selbst Kaiser mit dem Bus anreisen

Der Sarg der Queen ruht beim Begräbnis auf einem  tonnenschweren Kanonenwagen aus dem 19. Jahrhundert, den  Soldaten ziehen
Auf die Minute geplant. Das Begräbnis von Königin Elizabeth II ist eine mit militärischer Präzision geplante Zeremonie.

Treffpunkt beim Bus vor dem Militärspital in Chelsea, Abfahrt pünktlich um neun Uhr: Was sich wie die Planung für einen Schulausflug liest, ist Teil einer seit Jahren mit militärischer Präzision orchestrierten Zeremonie – und in die haben sich auch Kaiser, Könige und Präsidenten einzufinden.

Eine Anfahrt per Limousine bis zur Westminster Abbey, und das von mehr als 100 Staatsoberhäuptern, die an diesem Montag am Staatsbegräbnis für Königin Elizabeth teilnehmen werden: Das sei völlig unmöglich, hatte das königliche Protokoll schon vor Monaten festgestellt. Also hat man eine gemeinsame Anfahrt mit dem Autobus organisiert. Doch was gerade für einen Grünen wie Österreichs Bundespräsident Alexander van der Bellen kein Problem darstellt, sorgte bei anderen für derart helle Empörung, das die nicht hinter den Kulissen blieb.

Von Frankreich bis Japan sollen ausländische Botschafter und Regierungsbeamte in London interveniert haben, um die Zufahrtsgenehmigung für das jeweilige Staatsoberhaupt doch noch zu bekommen. Ausnahmegenehmigungen wurden bis zur letzten Minute diskutiert.

„Biden fährt nicht Bus“

Gänzlich abgeblitzt sind die königlichen Planer ohnehin in Washington. In Sozialen Medien wurde schon vor Tagen die einsilbige Antwort aus dem Weißen Haus kolportiert: „Präsident Biden fährt nicht Bus.“

Also reiste „The Beast“, die gepanzerte Präsidentenlimousine, schon am Freitag in London an, rechtzeitig um Joe und Jil Biden, die am Samstag kamen, aufzunehmen. Charles empfing Biden, ebenso wie eine Handvoll anderer vorzeitig angereister Staatschefs schon am Sonntag im Buckingham Palast. Die schwierigen Gäste, also etwa der thailändische König, der als kapriziöser alternder Playboy gilt, oder auch politisch heikle Fälle, wie der saudische Kronprinz Abdullah, oder der chinesische Vizepremier Wang Qishan, werden ohnehin erst am Montag in London auftreten. Gegen die Einladung an Letztere gab es ja in der Vorwoche heftige Proteste von britischen Parlamentariern. Der erste internationale Auftritt für den neuen König ist also politisch nicht unheikel.

Seeleute in Ketten

Charles hat die letzten Tage damit verbracht, durchs Land zu reisen oder bei den Menschen vorbeizuschauen, die bis zu 15 Stunden in der Schlange standen, um sich von seiner in der Westminster Hall aufgebahrten Mutter zu verabschieden. Da die Schlange auch am Sonntag ständig länger wurde, war die Entscheidung, wann sich denn der letzte Trauernde dort einreihen durfte, ebenfalls heikel. Schließlich wollte die Polizei nicht riskieren, Menschen, die noch die Nacht auch Montag in der Schlange verbracht hatten, die Tür der Westminster Hall vor der Nase zuzuschlagen.

Doch pünktlich um 6.30 in der Früh ist Schluss mit der Aufbahrung. Denn dann beginnen die letzten Vorbereitungen für das Staatsbegräbnis – und da ist schon der erste Akt eine akrobatische Leistung. Exakt 98 Seeleute der königlichen Marine werden den Sarg, der auf einem tonnenschweren Kanonenwagen aus dem 19. Jahrhundert ruht, bewegen. So wurde das schon beim Staatsbegräbnis für Königin Viktoria 1901 gemacht – damals allerdings, weil die eigentlich fix geplanten Pferde scheuten. Um diese Prozession ruckfrei zu ermöglichen, werden die Soldaten in eiserne Geschirre gehängt. Nacht für Nacht ist dieser militärtechnische Balanceakt in der Vorwoche geprobt worden.

Von da an, also vom Trauergottesdienst in der Westminster Abbey bis zur endgültigen Grablegung spätabends im Familienkreis auf Schloss Windsor, ist alles auf die Minute genau getaktet.

Zwei Millionen Gäste

Für die britische Polizei ist nicht die eigentliche Zeremonie, sondern das Drumherum die große Herausforderung. Zwei Millionen Menschen werden in London an diesem Montag auf den Beinen sein, um das Begräbnis auf die eine oder andere Weise zumindest am Rand mitzuerleben. Mehr als 10.000 Polizisten sind im Einsatz, um diese Massen zu steuern und auch zu überwachen. Es ist die größte Polizeioperation seit Jahrzehnten.

Die Routen, auf denen sich der Trauerzug durch die Stadt, und damit entlang Tausender Menschen bewegen wird, sind ohnehin seit Tagen abgesperrt und seit Sonntag rund um die Uhr von Sicherheitspersonal und Ordnern besetzt. Auf den Dächern der Innenstadt sind Scharfschützen in Stellung, Polizeihunde, die eigens zum Erschnüffeln von Bomben ausgebildet sind, kontrollieren seit Tagen Kanaldeckel und Hauseingänge.

Die Polizei gibt sich vorab relativ sicher, große Terroranschläge, etwa durch Sprengstoffautos, verhindern zu können. Die ständige Gefahr aber, meint ein Polizeiexperte gegenüber der Times, sei „irgendein Einzeltäter mit einem Messer in der Hand“.

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