Der rote Kontinent: Lula setzt linke Wende in Lateinamerika fort

Der rote Kontinent: Lula setzt linke Wende in Lateinamerika fort
Der hauchdünne Wahlsieg des 77-jährigen Lula setzt den Trend auf dem Subkontinent fort. Mit Brasilien ist nun auch das größte Land Lateinamerikas nach links gerückt.

Der 77-Jährige Ex-Präsident und Ex-Häftling Luiz Inácio da Silva – der stets nur mit seinem Spitznamen „Lula“ gerufen wird - ist am Sonntag mit einem hauchdünnen Vorsprung von nicht einmal zwei Prozentpunkten zum dritten Mal zum Präsidenten Brasiliens gewählt worden. Und doch lässt sich dieser Wahlsieg mit keinem seiner vorherigen vergleichen.

„Ich werde ein Präsident für alle 215 Millionen Brasilianer sein. Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk“, rief Lula am Sonntagabend vor Tausenden Unterstützern in São Paulo. Ein dringend notwendiger Appell an die Einigkeit, denn der hasserfüllte Wahlkampf gegen seinen Widersacher, den amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro, hat das Land in zwei verfeindete politische Lager gespalten.

Der rote Kontinent

Mit der erneuten Präsidentschaft des ehemaligen Gewerkschafters Lula setzt sich damit ein Trend fort, über den der KURIER bereits Anfang Juli berichtete: Lateinamerika rückt nach links.
Die sechs größten Volkswirtschaften des Subkontinents sind damit allesamt in sozialistischer Hand.

Klicken Sie sich durch unsere interaktive Karte, anschließend finden Sie weitere Informationen zu den sechs wirtschaftsstärksten Nationen Lateinamerikas und ihren linken Regierungschefs:

Die linke Wende in Lateinamerika ist in erster Linie eine Reaktion auf die wirtschaftliche Krise, in der Lateinamerika dank der grassierenden Korruption schon seit Jahren steckt. Eine Krise, die sich infolge des Klimawandels langsam, aber stetig und infolge der Pandemie schlagartig verschlimmerte.

Links ist nicht gleich links

Gerade die jüngeren Lateinamerikaner machten dafür die in den meisten Ländern lange dominanten Rechtspopulisten verantwortlich, die oftmals auch Vertreter der wohlhabenden Elite sind. In Brasilien leugnete der rechtsextreme, noch bis 31. Dezember amtierende Präsident Jair Bolsonaro sogar regelmäßig die Existenz von Klimawandel und Coronavirus.

Politische Einheit bedeutet der Linksruck aber noch lange nicht, die Unterschiede zwischen konservativen und progressiven Linken, etwa beim Umweltschutz, sind groß. Sie reiben sich auch an der Frage auf, wie mit den linksautoritären Regimen in Kuba, Venezuela und Nicaragua umzugehen ist. Die länderübergreifenden Probleme des Kontinents werden sich nicht nur auf nationaler Ebene lösen lassen.

Ein Überblick über die sechs wirtschaftsstärksten Nationen Lateinamerikas:

Brasilien

Der rote Kontinent: Lula setzt linke Wende in Lateinamerika fort

Seit Sonntag ist auch das größte, wirtschaftlich stärkste und einwohnerreichste Land Lateinamerikas ist nach links gerückt. Haarscharf gewann Luiz Inácio „Lula“ da Silva am Sonntag mit 50,9 Prozent gegen den amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro. Lula war bereits von 2002 bis 2010 Präsident Brasiliens. Zuletzt saß er 580 Tage wegen angeblicher Korruption in Haft, das Urteil wurde nachträglich aufgehoben.

Mexiko

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Der einwohnerstärkste spanischsprachige Staat der Welt wird seit 2018 von Andrés López Obrador regiert. Er gilt als konservativer Linker, der aus Sicht seiner Kritiker zu wenig auf Umweltschutz und feministische Politik setzt. Obrador hat sich dem Kampf gegen Korruption und Kriminalität verschrieben, doch die Gewalt im Land bleibt hoch.

Argentinien

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Alberto Fernández ist seit Dezember 2019 Präsident Argentiniens. Er setzt die Politik der linkspopulistischen Präsidenten Néstor Kirchner (2003-2007) und dessen Nachfolgerin Cristina Fernández de Kirchner (2007-2015) fort, deren Kabinettschef er jeweils war. Sein Land steckt seit der Pandemie in einer Wirtschaftskrise, Fernández steht in der Kritik.

Peru

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Seit bald einem Jahr wird Peru von Pedro Castillo regiert. Der Mann mit dem Hut entstammt einer der ärmsten Regionen des Landes und weiß den Großteil der indigenen Bevölkerung hinter sich. Castillo gilt als Hardliner, trat im Wahlkampf rassistisch auf und musste bereits zwei Amtsenthebungsverfahren überstehen. Sein Land ist aufgrund der hohen Inflation in Unruhe.

Chile

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Die wirtschaftliche Vorzeigenation Südamerikas wird seit dem 11. März vom ehemaligen Studentenführer Gabriel Boric regiert, mit 36 der jüngste Präsident der chilenischen Geschichte. Er gilt als progressiv, will das Pensionssystem reformieren und eine staatliche Krankenversicherung etablieren. Mit Kuba, Venezuela und Nicaragua liegt er im Clinch.

Kolumbien

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Seit dem 19. Juni regiert erstmals ein linker Präsident Kolumbien. Der ehemalige Guerilla-Kämpfer Gustavo Petro ging aus einem wilden Wahlkampf mit dem Rechtspopulisten Rodolfo Hernández als Sieger hervor und löst damit Iván Duque ab, unter dem seit 2018 Korruption und Polizeigewalt zugenommen hatten. Petro gilt vor allem für Junge als Hoffnungsträger.

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