Der bedrohliche Vormarsch der Roboter-Krieger
Ein ferngesteuertes Maschinengewehr, das aus einem abgestellten Auto schießt, welches kurze Zeit später per Fernzündung in die Luft fliegt. Der iranische Atomwissenschaftler Mohsen Fakhrizadeh hatte vergangene Woche keine Überlebenschance, als er seine Schwiegereltern in einem Vorort von Teheran besuchen wollte. So lautet zumindest die Version der iranischen Revolutionsgarden, die mittlerweile als die wahrscheinlichste gilt.
Die Schüsse des Maschinengewehrs trafen ihn, zusätzlich feuerte ein Killerkommando von zwölf Bewaffneten auf den Chef des iranischen Atomprogramms.
Viel wurde spekuliert, auf welche Weise Fakhrizadeh zu Tode gekommen sein könnte: Von Drohnen bis hin zu einem unsichtbaren Klebstoff, der ein Signal an eine Rakete aussendet, welche in dem Moment einschlägt, an dem Fakhrizadehs Konvoi einen gewissen Punkt passiert.
Ferngesteuerte Maschinen-, aber auch Scharfschützengewehre haben in den vergangenen Jahren die Schlachtfelder erobert, ebenso wie Drohnen den Luftraum. Die Waffensysteme sind unter anderem mit Wärmebildkameras ausgestattet, lassen sich aus sicherer Entfernung lenken und verfügen über eine tödliche Präzision.
In der Berichterstattung über den Anschlag auf Fakhrizadeh war oft von einem „Killer-Roboter“ die Rede, doch das war das Maschinengewehr – so die iranische Version stimmt – mitnichten. Die korrekte Bezeichnung für „Killer-Roboter“ lautet „Lethal Autonomous Weapons Systems“, also tödliche, autonome Waffensysteme.
Doch ist es möglich, dass diese Waffen künftig im Alleingang Attentate auf Menschen durchführen? „Technisch sind wir davon weit entfernt“, sagt Oberst Markus Reisner zum KURIER.
Bedenklicher Trend
Allerdings sei die Diskussion darüber, ob man die Entscheidung über Leben und Tod in die Hände einer Maschine geben könne, extrem wichtig: „Denn der Trend geht klar in die Richtung. Es sind immer mehr autonome Systeme im Umlauf“, sagt der Generalstabsoffizier.
„Seien es die Drohnen in der Luft, bewaffnete Systeme zu Lande, aber auch unter Wasser. Dort sind sie aufgrund des schwachen elektromagnetischen Feldes sehr schwer aufzuspüren, suchen Glasfaserkabel, zapfen sie an. Es gibt dort Systeme, die bis zu sechs Wochen lang unter Wasser autonom operieren können.“
Während das Maschinengewehr beim Attentat auf Fakhrizadeh höchstens als „dummer Roboter“ – ein Mensch musste es steuern – bezeichnet werden kann, haben etwa die israelischen Streitkräfte bereits Systeme, die teilautonom patrouillieren und stets verbessert werden. „Und der Trend geht weiter, sieht man sich beispielsweise das US-System DARPA an“, sagt Reisner.
Im Sommer ließ die Forschungsbehörde des US-Verteidigungsministeriums, in einem Flugsimulator zwei F-16-Kampfjets gegeneinander antreten. Einen steuerte ein Pilot den anderen Künstliche Intelligenz. Alle sieben Runden gingen zugunsten der Maschine aus.
Reisner resümiert: „Ein Mensch fliegt so, dass er überleben kann. Die Maschine geht auf Aggression und Angriff. Nebenbei ist ein Kampfjet ohne Piloten billiger.“
Längst herrscht weltweit ein Wettrüsten der autonomen Waffensysteme, Aufrufe internationaler Organisationen, diese zu verbieten, werden etwa von den USA, Russland, Frankreich oder Großbritannien ignoriert.
Wohin das führen könnte, führt Reisner mit einem Beispiel aus der Vergangenheit aus: „Als der sowjetische Offizier Stanislaw Petrow 1983 von seinem Computer irrtümlicherweise einen nuklearen Angriff der Amerikaner gemeldet bekommen hatte, hat er sich geweigert, einen Gegenschlag zu genehmigen. Da kommt der menschliche Faktor der Vernunft zum Einsatz. Hätte er anders entschieden, würden wir wahrscheinlich alle nicht am Leben sein.“
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