Neue EU-Verordnung: Wenn Drohnenpiloten nicht haften
Viele erinnern sich an den Ski-Nachtslalom 2015 in Madonna di Campino (Italien), als Marcel Hirscher beinahe von einer abstürzenden Drohne getroffen wurde. Das ist das berühmteste Beispiel der jüngsten Vergangenheit und zeigt: Die Gefahr von Unfällen mit Drohnen ist gegenwärtig. Und diese Unfälle beschäftigen auch in Österreich mehrmals pro Jahr Behörden und Versicherungen.
Aus diesem Grund ist es auch aktuell notwendig, dass man für seine bewilligungspflichtige Drohne eine Luft-fahrt-Haftpflichtversicherung hat. Doch bereits jetzt haben nicht alle Drohnenpiloten diese Versicherung. Und die neue EU-Verordnung, die ab dem 31. Dezember in Kraft tritt, verschärft dieses Problem noch zusätzlich.
Denn wie ein Rechtsgutachten von Rechtsanwalt Joachim J. Janezic zeigt, gibt es in der neuen Verordnung ein Schlupfloch. Hannes Fischler, Geschäftsführer des Drohnenversicherers Air&More und Auftraggeber für das Gutachten erklärt die Lücke: „Mit Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung kann die Austro Control nicht mehr, wie bisher, kontrollieren, ob es eine Versicherung gibt oder nicht. Dementsprechend kann ein Pilot mit seiner Drohne einen Unfall haben, Sach- oder Personenschaden verursachen – und es gibt keine Versicherung, die diese Schäden deckt.“
Nicht haftbar
Gerade bei Personenschäden kann es in die Millionenhöhe gehen. „Ein Privater kann das ohne Versicherung gar nicht zahlen. Und weil es eine Gesetzeslücke ist, ist auch der Bund nicht haftbar“, sagt Fischler.
Betroffen von dieser fehlenden Kontrolle ist künftig die „offene“ Kategorie. Sie betrifft neben professionellen vor allem die Hobby-Drohnenpiloten. Oder kurz gesagt: Jeden, der sich im Einzelhandel eine der zahlreichen Drohnen kauft und damit fliegt (siehe Text unten).
Österreich ist das Vorbild für eine EU-Verordnung. Das österreichische Drohnengesetz dient als Vorlage für die am 31. Dezember in Kraft tretende neue Regelung, die dann EU-weit gültig ist. Der KURIER fasst zusammen, was sich ändert.
Drei Kategorien zur leichteren Orientierung: Künftig gibt es drei Kategorien: Offen, Speziell und Zertifiziert. Die letzten beiden betreffen vor allem Drohnen im gewerblichen Gebrauch, wie beim Bundesheer, der Feuerwehr oder aber auch bei großen Filmproduktionen. Die offene Kategorie betrifft alle Drohnen unter 25 Kilogramm, sofern das Fluggerät nicht über Menschenansammlungen oder im dicht besiedelten Gebiet fliegt. Dafür braucht man nämlich eine eigene Bewilligung und fällt automatisch in eine der beiden anderen Kategorien. Die wichtigsten Fakten für die offene Kategorie: Maximale Flughöhe von 120 Metern und es muss eine direkte Sichtverbindung zur Drohne bestehen.
Geringere Kosten für den Drohnenbetrieb: Statt bisher 330 Euro pro Jahr pro Drohne werden künftig 30 Euro für die Registrierung als Drohnenpilot bei der Austro Control fällig. Hinzu kommt ein verpflichtender Online-Kurs samt Online-Test (mit 40 Multiple-Choice-Fragen), damit der künftige Hobbypilot die Grundlagen des Luftrechts kennt.
Auflagen, die eine Drohne erfüllen muss: Eine Haftpflichtversicherung ist zwar nicht immer zwingend notwendig (in der Spielzeugkategorie braucht man keine Versicherung), aber ratsam. Zudem müssen alle Drohnen mit einer Art Kennzeichen bestückt werden. Darauf findet sich dann die Nummer, die man nach der Registrierung bei der Austro Control bekommt.
Zwar ist im österreichischen Luftfahrtrecht eine gerätebezogene Versicherungspflicht gegeben, aber die EU-Verordnung sieht lediglich eine Registrierung des Betreibers vor. Doch ohne ein eigenes Drohnen-Geräteregister kann die Behörde die Polizze nicht mehr wie bisher prüfen.
Viele Drohnenexperten wie Benjamin Hetzendorfer vom ÖAMTC hoffen auf eine Anpassung des aktuellen Gesetzes: „Der Schutz Unbeteiligter sollte auf jeden Fall im Vordergrund stehen, und im schlimmsten Fall zumindest eine entsprechende Entschädigung gewährleistet sein.“
Abstimmungsrunde
Aus dem Verkehrsministerium heißt aus dem Büro des zuständigen Staatssekretärs Magnus Brunner auf
KURIER-Anfrage: „Es finden bereits Gespräche zwischen den relevanten Stakeholdern, unter anderem auch bezüglich der vorgebrachten Bedenken statt. Eine Abstimmungsrunde demnächst soll auch das Thema Versicherungsmodelle beinhalten.“ Grundsätzlich, teilt das Ministerium mit, „kann man nicht von einer Lücke sprechen, denn derzeit und auch künftig besteht die Versicherungspflicht für Drohnenbesitzer. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu sind gerade in Ausarbeitung“.
Es besteht zwar eine Pflicht, aber „die Austro Control kann es eben nicht mehr prüfen. Darum kann man bei der künftigen Registrierung bei der Versicherungspolizze einfach irgendetwas hinschreiben“, warnt Fischler.
Ob dadurch nicht die Kontrolltätigkeit der Austro Control beschnitten wird? Auch hier verweist das Ministerium auf die Rahmenbedingung, die aktuell noch ausgearbeitet werden.
100.000 Drohnen soll es nach Schätzungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) und der Austro Control in Österreich geben.
90 Prozent aller Drohnen, die sich im Umlauf befinden, sind laut Experten nicht bewilligt.
22.000 Euro Höchststrafe erwarten Drohnenpiloten, die ohne Versicherung, ohne Bewilligung oder in gesperrten Zonen fliegen.
330 Euro musste man bisher für eine Bewilligung pro Drohne und Jahr bezahlen. Künftig werden nur 30 Euro bei der Registrierung als Pilot fällig.
Kommentare