Coronavirus: Schweden lässt Après-Ski Partys weitergehen

Coronavirus: Schweden lässt  Après-Ski Partys weitergehen
Der Staat setzt - nicht unumstritten - auf „Herdenimmunität“, dennoch schließen erste Clubs.

Sonne, Schnee, Minustemperaturen : in den Wintersportorten Mittelschwedens geht die Skisause trotz Corona-Pandemie weiter – und es wird mit einem Ansturm von tausenden Wintersportlern gerechnet, vor allem um Ostern.

Dabei dürfen Partys, dort „Afterski“ genannt, mit bis zu 499 Personen weiterhin stattfinden.

Anna Granevärn, Chefin des regionalen Gesundheitswesens wie weitere Mediziner warnen davor, dass diese Orte so zu „Infektionsherden“ wie in Norditalien geraten könnten.

Nun findet dort langsam ein Umdenken statt, vor allem da sich nachweislich acht Personen bei einer Skiparty in dem bekannten Wintersportzentrum Are angesteckt haben - einige Clubs machen freiwillig zu. „Denkt an uns, die hier leben, ihr Egoisten!“ empfängt mittlerweile in Are ein handgeschriebenes Schild die Wintersportler am Bahnhof.

Knapp 2000 Menschen sind in Schweden als Infizierte des Virus SARS-CoV-2 festgestellt, es gab bislang 20 Tote; vor allem der Raum Stockholm ist betroffen.

Doch weiterhin sind  dort im Gegensatz zu den Nachbarn Dänemark, Norwegen und Finnland die Grundschulen, die Restauants sowie die Grenzen offen, Rückkehrer aus Corona-betroffenen Länder müssen nicht in Quarantäne. 

Politisch ist dafür der bislang beruhigend auftretende sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven verantwortlich.

Das theoretische Fundament für diese gelassene Grundhaltung liefert Anders Tegnell, ein Mann, stets im Pulli und immer mit ungebügelten Hemdkragen: der „Staatsepidemologe“.

Der 63-jährige Arzt, der im schwedischen Gesundheitsamt beschäftigt ist, wirkt als Regierungsberater und spricht sich für die Strategie der „Herdenimmunität“ bezüglich des Corvid-19 Virus aus. Dies bedeutet, dass nur die Gefährdeten wie alte Menschen und junge mit entsprechenden Krankheiten geschützt werden sollen, der Rest könne sich infizieren, um so eine rasche kollektive Immunität der Gesellschaft zu erreichen.

„Wir können das Virus nicht auf eine andere Art und Weise kontrollieren“ so Tegnell in den schwedischen Medien. Eine Abriegelung des öffentlichen Lebens, wie in den meisten europäischen Staaten umgesetzt, heisst er nicht gut.

Auch eine möglicheSchließung der Grundschulen wurde von Johan Carlson, dem Chef des schwedischen Gesundheitswesens, wegen „marginaler Effekte“ am Freitag abgelehnt. Universitäten und Gymnasien unterrichten bereits digital.

Großbritannien und die Niederlande setzten ursprünglich auch auf das Konzept der Herdenimmunität, schwenkten jedoch vergangene Woche um.

Aufgrund einer Studie des „Imperial College“ die für das Land 250 000 Tote vorrechnete änderte der britische Premierminister Boris Johnson seine Haltung;  Tegnell lehnt die Berechnungen als fehlerhaft ab.

In Schweden, in der der Staat eine allgemein akzeptierte große Fürsorgerolle einnimmt, wirkt der bedächtig auftretende Tegnell für viele wie ein „Held im Sturm“ so die Zeitung „Aftonbladet“ . Auf der anderen Seite schlägt ihm in den Sozialen Medien Hass entgegen, aus Angst vor italienischen Verhältnissen. Aber auch Kollegen vom Fach gebrauchen harte Worte. „Wieviele Leben sind sie bereit zu opfern, um nicht endlich (das öffentliche Leben) abzuriegeln“, so Joacim Rocklöv, Professor für Epidemologie der Universität Umea.  Das schwedische Gesundheitsamt würde internationale Studien und Entwicklungen ignorieren.

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