Macron empfängt Xi, aber ohne Scholz
Am Sonntagnachmittag landete Xi in Paris, wurde von Premierminister Gabriel Attal begrüßt. Bei dem Treffen mit Macron am Montag im Elysée-Palast wird auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dabei sein – nicht aber der zweite Staatschef mit Führungsanspruch in der EU, der deutsche Kanzler Olaf Scholz. Der hatte Xi zwar erst vor wenigen Wochen in China besucht. Dennoch ist da die Erinnerung an 2019, als Macron zu Xis Besuch die damalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel und den damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker eingeladen hatte, um eine geeinte Front gegenüber dem "systemischen Rivalen" zu präsentieren.
Scholz, der am Donnerstagabend in Paris noch mit Macron zu Abend gegessen hatte, habe die Einladung mit Verweis auf eine eigene Reise nach Litauen und Lettland ausgeschlagen, heißt es. Abgestimmt habe man sich trotzdem, so der Élysée-Palast.
Taiwan-Aussage von Macron
Für China ist Frankreich sowieso der attraktivere europäische Gesprächspartner in Sachen Außenpolitik: Paris beschwört gern seine "Eigenständigkeit" und "Souveränität", es hat den heftig debattierten Begriff der "strategischen Autonomie" Europas geprägt. Macron träumt davon, aus der Union mehr als eine Freihandelszone, nämlich einen geopolitischen Akteur zu machen. Damit geht er auf gewisse Distanz zu den USA und der NATO (das transatlantische Militärbündnis nannte er einst "hirntot"). Nach seinem letzten Treffen mit Xi im April 2023 sprach er davon, Europa solle im Konflikt um Taiwan kein "Mitläufer" der USA sein und eigenständiger agieren. Damit sorgte er international für großes Aufsehen – und für positive Schlagzeilen im Reich der Mitte.
Das Thema Taiwan soll Berichten zufolge diesmal bewusst ausgespart werden, genauso wie die Vergrößerung des chinesischen Atomwaffenarsenals und Einmischungsversuche in Europa. Stattdessen dürfte Macron bemüht sein, China für einen Vermittlungsversuch im Ukrainekrieg zu gewinnen.
Weniger angenehm dürfte das Gespräch hingegen werden, wenn es um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und China geht: Frankreich fordert gleiche Wettbewerbsbedingungen und ist ein Verfechter der Untersuchung der EU-Kommission, die dazu führen könnte, chinesische Elektroautos mit Strafzöllen zu belegen. Macron dringt ebenso auf ein EU-Einfuhrlimit für Solartechnik aus China.
Heimspiele in Serbien und Ungarn
Am Dienstag wird Xi dann von dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić empfangen – just am 25. Jahrestag der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad durch die NATO im Kosovokrieg. Für Peking und das russland-freundliche Belgrad eine Gelegenheit für einen Seitenhieb gegen den Westen und Kritik an dessen "selektiver Anwendung des Völkerrechts" und "Kriegstreiberei". Serbien unterhält zu China enge wirtschaftliche und politische Beziehungen, Belgrad ist wie Budapest Teil der chinesischen Seidenstraßen-Initiative. Zwischen den Hauptstädten bauen chinesische Unternehmen gerade eine Eisenbahn, die die Fahrzeit von acht auf drei Stunden verkürzen soll.
Der anschließende Stopp in Budapest ist für Xi quasi ein Heimspiel – kein EU-Land gibt sich so sinophil wie Ungarn. Seit Ungarn 2011 seine “Opening to the East”-Strategie verkündet hat, ist man wirtschaftlich und diplomatisch näher an China gerückt: China investiert massiv in die ungarische Industrie – vorwiegend in Form von E-Auto- und Batterie-Fabriken wie BYD oder CATL. Staatlichen Angaben zufolge kamen im Vorjahr 7,6 der rund 13 in Ungarn investierten Milliarden Euro aus China. China soll für mehr als 10.000 der knapp 20.000 neuen Arbeitsplätze verantwortlich sein.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán war erst im Oktober des Vorjahres selbst in Peking im Rahmen eines Treffens der Mitgliederstaaten der Seidenstraßen-Initiative. Zuletzt sorgte die Ankündigung, dass künftig chinesische Polizisten in Ungarn patrouillieren sollen, für Aufregung im In- und Ausland.
Von Budapest könnte Xi eigentlich auch per Linienflug nach Hause fliegen: Kein mitteleuropäisches Land hat laut Angaben des ungarischen Außenministers mehr direkte Flugverbindung nach China aufgenommen, aktuell sind es 17 pro Woche – mehr als zwischen Wien und dem Reich der Mitte.
Zurück in Peking dürften Xis Gespräche in Europa dann bei einem anderen Besuch eine wesentliche Rolle spielen: Russlands Präsident Wladimir Putin. Unbestätigten Berichten zufolge plant dieser, am 15. Mai nach China zu Xi zu reisen.
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