Warum China auf dem Balkan immer mächtiger wird

Aleksandar Vučić und Xi Jinping mit ihren Ehefrauen am Dienstag in Peking
Der EU-Beitrittskandidat Serbien hat ein Freihandelsabkommen mit China abgeschlossen. Die asiatische Großmacht gewinnt auf dem Balkan an Einfluss - Experte Florian Bieber erklärt, wieso.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hat die EU diese Woche erneut vor den Kopf gestoßen: Er kam nicht zum Balkan-Gipfel im albanischen Tirana, bei dem es etwa um den EU-Beitritt seines eigenen Landes ging. Brüssel kündigte dort einmal mehr Finanzhilfen in Milliardenhöhe - diesmal sechs Milliarden - für Serbien und die restlichen fünf Westbalkanstaaten an, mit dem ihr Beitrittsprozess beschleunigt werden soll.

Vučić flog wo anders hin: nach Peking, zu Chinas großem Seidenstraße-Gipfel. Aber nicht nur das. Er unterzeichnete auch ein gemeinsames Freihandelsabkommen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping.

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Die Aktion ist nur eins von zahlreichen Beispielen für den politischen Schlingerkurs, den Vučić bereits seit Jahren zwischen verschiedenen Mächten fährt. Lange galt Russland – wenn auch mehr ideologisch als wirtschaftlich – als der große Verbündete der serbischen Bevölkerung auf dem Balkan. Doch nicht zuletzt wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sichert China sich nun immer mehr Einfluss in der Region.

Florian Bieber, einer der wichtigsten Südosteuropa-Experten Österreichs, hat gerade ein Buch über ausländische Mächte auf dem Balkan veröffentlicht.

KURIER: Herr Bieber, in Ihrem Buch geht es um den Einfluss verschiedener Großmächte auf den Westbalkan. Die Region ist und war stets auf finanzielle Unterstützung von außen angewiesen. Ist es denkbar, dass sich das in Zukunft ändert – oder würden „Unterstützer“ wie China und Russland das gar nicht zulassen?

Florian Bieber: Der wichtigste Partner für die Balkanländer ist nach wie vor die EU. Schaut man sich den Handel, die Investitionen, die Unterstützung an, gibt es eigentlich keine Alternative. China ist aufgrund seiner Wirtschaftsmacht in Serbien aber ein durchaus wichtiger Akteur. Gleichzeitig handelt Peking stets eigennützig, schickt kaum Geld ohne Bedingungen.

Von der EU gibt es viel finanzielle Unterstützung ohne Kredite und Rückzahlung. Davon profitiert die Region, aber Akteure wie Vučić spielen das herunter und die Unterstützung aus China und anderen Staaten in die Höhe. Sie versuchen, von allen Seiten das Maximum herauszuholen.

Warum kann Vučić politisch noch immer zwischen Russland, China und dem Westen herumschlingern – trotz russischem Angriffskriegs gegen die Ukraine?

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