Die NATO verstärkt die KFOR (Kosovo Force), die USA leiten Sanktionen gegen Pristina ein, EU-Chefdiplomat Josep Borrell fordert Maßnahmen, „um die Spannungen sofort und bedingungslos zu deeskalieren“. All das sind Antworten auf die Zusammenstöße zwischen KFOR und militanten Serben – einige wohl von Belgrad eingespannt – im Nordkosovo, bei denen am Montag 30 Soldaten aus Ungarn und Italien verletzt wurden.
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Auch Peking und Moskau äußerten sich, beide ergriffen aber Partei für Serbien. So unterstützt China Belgrads Bemühungen, seine „Souveränität und territoriale Integrität“ zu schützen. Russland sprach von „falscher West-Propaganda“, die Serben seien in die Verzweiflung getrieben worden. Beide Länder blockieren seit Langem die Anerkennung des Kosovo im UN-Sicherheitsrat, sodass dieser in vielen internationalen Organisationen nicht Mitglied werden kann.
Wieso stellen die Großmächte sich so klar hinter Belgrad?
Vučićs Schlingerkurs
Serbiens Präsident Aleksandar Vučić fährt seit jeher einen politischen Schlingerkurs zwischen China, Russland und dem Westen – durchaus erfolgreich. Er kann China als Serbiens „ehrlichsten und vertrauenswürdigsten Freund“ bezeichnen, die internationalen Russland-Sanktionen verweigern und wegen des EU-Beitrittskandidatenstatus seines Landes zeitgleich Milliarden aus Brüssel erhalten.
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Der Westen scheint Vučić vieles durchgehen zu lassen, um Serbien nicht ganz an China und Russland zu verlieren. Südosteuropa-Experte Florian Bieber sagt: „Auch nach Montag sehen wir mehr Druck des Westens auf den Kosovo als auf Serbien.“
Die guten Beziehungen Serbiens zu Russland und China haben einerseits mit deren Anti-NATO-Position zu tun. Eine große Rolle spielt da bis heute die NATO-Bombardierung Belgrads 1999, bei der auch die chinesische Botschaft zu Schaden kam.
Taiwan und postsowjetischer Raum
Die Unterstützung in Sachen Kosovo hat vor allem mit den eigenen territorialen Ansprüchen Chinas (Taiwan) und Russlands (gesamter Postsowjet-Raum) zu tun. Bieber erkennt hier auch ein Druckmittel gegenüber dem Westen. „Russland deutete bereits an, die Unabhängigkeit des Kosovo nicht grundsätzlich abzulehnen“, sagt er. Moskau fordere einen Deal – etwa eine westliche Anerkennung der annektierten Krim.
Hinter den Geschehnissen vom Montag erkennt Bieber auch eine Absicht Vučićs. Nach Amokläufen in serbischen Schulen erlebt er die bisher größten Proteste gegen sich. „Der Kosovo ist das leichteste Ablenkungsmanöver für ihn.“
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