Mikl-Leitner und Kurz laden zum Flüchtlingsstopp

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz
In Wien beraten heute die Westbalkanländer. Kritik an der Einladungspolitik kommt aus Athen.

Überblick:

  • In Wien treffen sich heute die Innen- und Außenminister aus zehn Staaten
  • Österreich, Albanien, Bosnien, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien nehmen teil
  • Es wird über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingskrise beraten
  • Griechenland kritisiert die österreichische Einladung- und Flüchtlingspolitik (Kontingente), die für einen "Domino-Effekt" gesorgt hat
  • Die Regierung in Skopje lässt Afghanen die Grenze zu Griechenland nicht mehr passieren
  • Themen in Wien sind unter anderem: Schlepperei, Grenzmanagement, Bekämpfung Fluchtursachen

Südosteuropa steht in der Flüchtlingskrise einmal mehr im Mittelpunkt. Der Beschluss Österreichs, eine tägliche Obergrenze bei der Aufnahme von Asylwerber einzuführen, sorgte bereits für den von Außenminister Sebastian Kurz gewünschten "Domino-Effekt" in Staaten entlang der sogenannten Balkan-Route. Slowenien schickte seine Armee an die Grenze, am griechisch-mazedonischen Grenzübergang Idomeni kam es zu Protesten, weil alle, die keinen syrischen oder irakischen Pass vorweisen können, nicht durchgelassen werden.

Mikl-Leitner und Kurz laden zum Flüchtlingsstopp
epa05177944 Austrian Interior Minister Johanna Mikl-Leitner (seated 3-R) and Austrian Foreign Minister Sebastian Kurz (seated 4-R) preside a meeting titled 'Managing Migration together' of Foreign and Interior Minister of the Balkan countries in Vienna, Austria, 24 February 2016. Others are not identified. Ministers from Austria and Western Balkan countries meet in Vienna to coordinate their increasingly restrictive immigration policies in the face of criticism from Brussels and Athens. Interior and foreign ministers were set to gather in the Austrian capital to discuss issues such as border management and fighting people-smugglers, as well as improving information about their policies in countries of origin. EPA/CHRISTIAN BRUNA

Treffen der "Ungeduldigen"

Die Krise hatte sich bereits Mitte Februar angekündigt, als die Visegrad-Staaten Mazedonien, Polen, Tschechien und Slowakei, sich für eine strengere Flüchtlingspolitik ausgesprochen hatten. Man stehe zwar zu einer gemeinsamen europäischen Lösung, aber während diese immer weiter in die Ferne rückt, wird eine Limitierung an der mazedonischen Grenze immer realistischer. Gemeinsam mit den Visegrad-Staaten ist Österreich die treibende Kraft hinter der Maßnahme. Demnach sollen Flüchtlinge nur noch in begrenzter Zahl die Grenze passieren dürfen, nach Österreich kommen, wo das Tageslimit aber nicht strapaziert werden dürfe.

Um über das weitere Vorgehen zu beraten, versammeln sich heute die "Ungeduldigen" (Focus), die "Gegner deutscher Flüchtlingspolitik" (Die Welt) in Wien. Zur Eindämmung der Flüchtlingsbewegung setzt die österreichische Regierung auf eine enge Abstimmung mit den Balkanländern. Unter dem Titel "Managing Migration Together" werden Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Kurz mit ihren Kollegen aus Albanien, Bosnien, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien über künftige Grenzsicherungsmaßnahmen besprechen – ohne Vertreter aus Griechenland, das nun wie Deutschland den Alleingang Österreichs kritisiert.

Mikl-Leitner und Kurz laden zum Flüchtlingsstopp

"Domino-Effekt" ist gelungen

Seit Wochenbeginn sind 3.000 Menschen von den ostägäischen Inseln am Athener Hafen Piräus angekommen. Die meisten werden aber in Griechenland nicht durchgelassen und bleiben stecken, weil die Regierung in Skopje keine Afghanen mehr durch das Land lassen wird. Mazedoniens Außenminister Nikola Poposki verteidigte sein Land gegen Kritik daran: "Es gab Entscheidungen in Kroatien und Serbien, keine Afghanen mehr über die Grenze zu lassen, die nicht nachweisen können, dass sie aus Konfliktregionen kommen. Wir haben keine unilaterale Entscheidung gefällt, sondern auf die Entwicklung in den anderen Ländern reagiert", sagte er zur Bild-Zeitung.

"Fünfzehn Stunden nach der Vereinbarung in Brüssel, dass die Grenzen zunächst offen bleiben, hat man die Regeln geändert. Das ist eine Art Coup", erklärte der griechische Migrationsminister Ioannis Mouzalas. Außenminister Nikos Kotzias kritisierte hingegen die Zusammensetzung der Konferenz in Wien: "Dass unser Land zum Treffen nicht eingeladen ist, erweckt den Eindruck, dass bestimmte Parteien in unserer Abwesenheit Entscheidungen in Gang zu setzen versuchen, die uns direkt betreffen."

Mikl-Leitner und Kurz laden zum Flüchtlingsstopp
Foreign and interior ministers of West Balkan countries and Austria meet at the West-Balkan conference "Managing Migration together" at the Austrian interior ministry in Vienna, Austria on February 24, 2016. Austria hosts talks with countries along the well-trodden migrant path through the western Balkans to northern Europe, as tighter border controls raise fears of a humanitarian crisis, particularly in Greece. / AFP / JOE KLAMAR

Einladung galt speziellen Staaten

Aus dem österreichischen Innenministerium begründet man die Nichtberücksichtigung Griechenlands, weil die Balkankonferenz ein "festes Format" habe. Tatsächlich richtete Wien im Vorjahr eine Westbalkan-Sicherheitskonferenz aus. Aber ein Grieche war damals dabei: EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos, der im vergangenen März voll des Lobes war, die Westbalkanstaaten im Kampf gegen den Dschihadismus ins Boot zu holen.

In der Flüchtlingskrise ist der EU-Kommissar freilich einer der stärksten Kritiker Österreichs, dessen Grenzschließungspolitik er in einem Brief an Mikl-Leitner als europa- und völkerrechtswidrig brandmarkt. Auch Italien ist diesmal nicht von der Partie. Interessanterweise sieht auch die Regierung in Rom die österreichischen Pläne zur Stilllegung der Balkanroute nämlich mit großer Skepsis, weil Flüchtlinge nun nach Italien ausweichen könnten. Neu zur Gruppe gestoßen ist dafür Bulgarien, das in den vergangenen Monaten gezeigt hat, wie man die Grenze zu Griechenland abriegelt.

Mikl-Leitner und Kurz laden zum Flüchtlingsstopp
A man holds up a baby with a life jacket as refugees and migrants on a rubber boat arrive at the northern Greek island of Lesbos after crossing the Aegean sea from Turkey, in Mytilene, on February 23, 2016. Athens has expressed its "displeasure" to the EU over tougher border controls by Balkan countries that have left thousands of migrants stranded in Greece, Prime Minister Alexis Tsipras' office said on February 23. / AFP / ARIS MESSINIS

Österreichische Soldaten in Mazedonien

Während sich ein Themenblock mit der inneren Sicherheit (Grenzmanagement, Schleppereibekämpfung und Extremismus) beschäftigt, konzentriert sich eine zweite Abordnung mit der Maßnahme zur Bekämpfung von Fluchtursachen, Kooperation mit Drittstaaten oder Informationen in Herkunftsländern.

Auch Österreichs Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil wird an der Konferenz teilnehmen, um die "zivil-militärische Zusammenarbeit" zu forcieren. Österreichische Soldaten könnten Mazedonien bei der Sicherung seiner Grenze zu Griechenland helfen.

Medienberichten zufolge sei derzeit eine Abordnung des österreichischen Verteidigungsministeriums in Mazedonien, um mit den dortigen Behörden über Unterstützungsbedarf und mögliche Hilfe durch Soldaten zu sprechen. Im Gespräch mit der Bild-Zeitung äußerte Außenminister Kurz die Erwartung, dass „Deutschland sagt, ob es noch bereit ist, Flüchtlinge aufzunehmen und wie viele - oder ob es nicht mehr dazu bereit ist“.

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