"Aufstand des Bergvolks": Deutsche Medien über Causa Tirol
Wegen der drohenden Ausbreitung der südafrikanischen Corona-Mutation in Tirol berichten die Medien in Deutschland ausgiebig über Österreich. Einmal mehr zeigt sich, wie stark das Verhältnis der zwei Nachbarländer von Hassliebe geprägt ist. Lesen Sie hier die Tirol-Kommentare großer deutschen Zeitungen:
"Wild aufgeführt"
Die Süddeutsche Zeitung begrüßt - wohl auch wegen der geografischen Nähe ihres Redaktionssitzes in München - die Corona-Maßnahmen für Tirol: "Tagelang hatten Tiroler Landespolitiker sich wegen drohender Quarantäne wild aufgeführt, tagelang hatte Kanzler Kurz sich im Streit um einen verschärften Lockdown in Tirol zurückgehalten. Nun kam das Machtwort, im Ton freundlich, in der Sache mittelmäßig entschieden. Ja, es wird Ausreisekontrollen geben; Straßen und Bahnhöfe werden verstärkt kontrolliert. Das ist sinnvoll. Nur: Losgehen soll das Ganze erst am Freitag. Bis dahin könnten also Tausende aus Tirol ins restliche Österreich reisen; deutsche Urlauber, die in ihren Zweitwohnungen sitzen, können nach Hause fahren und das Virus mitbringen (...) In einem Punkt hat die bayerische Landesregierung recht: Die Inzidenz ist in Österreich immer noch hoch. Gleichwohl wird der Lockdown gelockert - bei verschärften Kontrollen in Tirol: Das ist inkonsequent."
"Trotz als wichtige Eigenschaft"
Ähnlich sieht es die Frankfurter Allgemeine: "Im Stellenprofil eines Tiroler Landeshauptmanns ist Trotz eine wichtige Eigenschaft. Platter dürfte den Erwartungen daheim durchaus entsprochen haben, als er eine Entscheidung über eine drohende Totalquarantäne für sein Bundesland lange hinausgezögert und eine bis zu einem homöopathischen Rechtsgehalt verwässerte Version erreicht hat, gegen die er dann immer noch Stellung bezog."
"Ordinär - und kurzsichtig"
Der Münchner Merkur schreibt: "Man interessiere sich nicht mehr für die 'Rülpser aus Wien', poltert Tirols politische Führung im Streit um mehr Corona-Schutz. Das soll selbstbewusst klingen, es ist aber nur ordinär - und kurzsichtig. Tirol ist drauf und dran, das Ischgl-Desaster von 2020 sehenden Auges zu wiederholen."
Die taz in Berlin bemüht ein altbekanntes Tirol-Klischee: "Der Aufstand des Bergvolkes erinnert an die Ereignisse vom vergangenen März, als Hoteliers gegenüber ihren Gästen behauptet hatten, es gäbe im Ort keine Coronafälle - und sich dann das Virus von Ischgl und St. Anton aus in den Körpern Tausender Urlauber über ganz Europa verbreitete. Die Behörden hätten 'alles richtig gemacht', wie der Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) damals beharrlich behauptet hatte, wurde zum geflügelten Wort."
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