Kriegsverbrechen im Irak mit österreichischen Waffen

bewaffnete Menschen im Irak
Laut Kriegsmaterialgesetz ist die Ausfuhr an kriegsführende Staaten verboten. Seit mindestens 20 Jahren habe Österreich keine Lieferung von Kriegsmaterial in den Irak genehmigt

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft paramilitärischen Gruppen im Irak Kriegsverbrechen vor und sieht eine Mitschuld bei der internationalen Gemeinschaft. Die Milizen verwendeten bei ihren Gräueltaten Waffen aus irakischen Militärlagern, die in 16 verschiedenen Ländern - darunter Österreich - hergestellt würden, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichtem Bericht.

Unter den Kriegsgeräten befinden sich dem auf einer Feldforschung und Analyse von Text- und Bildmaterial basierenden Report zufolge auch "Panzer und Artilleriegeschütze". Die "vornehmlich schiitischen Milizen" würden die Waffen und Munition dazu verwenden, "um Tausende meist sunnitische Männer und Knaben zu entführen, zu foltern oder hinzurichten", kritisiert Amnesty weiter. Auch privates Eigentum sei damit "mutwillig zerstört" worden.

Schärfe Richtlinien beim Verkauf gefordert

Die mehr als 40 Milizen sind unter der Dachorganisation Volksmobilmachungseinheiten (Popular Mobilization Unit/PMU) zusammengefasst. Seit ihrem Entstehen Mitte 2014 für den Kampf gegen die sunnitische Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) haben sie nach Einschätzungen von Amnesty "an Macht und Einfluss" gewonnen. Im vergangenen Jahr wurden die PMU-Milizen dann formell Teil der irakischen Streitkräfte. Die Menschenrechtsorganisation wirft ihnen "Vergeltungsschläge" unter dem "Mantel des offiziellen Schutzes" vor allem gegen die sunnitische Bevölkerung vor.

Amnesty ruft "die internationalen Rüstungslieferanten - die USA, europäische Staaten, Russland und den Iran" dazu auf, schärfere Richtlinien beim Verkauf der Waffen zu erlassen. "Jeder Staat, der Waffen in den Irak verkauft, muss strikte Maßnahmen vorweisen, die sicherstellen, dass diese Waffen nicht von paramilitärischen Milizen für Menschenrechtsverletzungen verwendet werden", fordert Patrick Wilcken, Researcher für Waffenkontrolle und Menschenrechte bei Amnesty International. "Ansonsten müssen die Lieferungen eingestellt werden."

"Noricum-Skandal"

Österreichische Waffenlieferungen in Krisengebiete sind eigentlich rechtlich gar nicht möglich. Laut Kriegsmaterialgesetz (bereits im Oktober 1977 beschlossen) ist die Ausfuhr an kriegsführende Staaten verboten. Der Export darf zudem nicht in ein Land erfolgen, in dem auf Grund schwerer Menschenrechtsverletzungen die Gefahr besteht, dass das gelieferte Kriegsmaterial zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet wird. Seit mindestens 20 Jahren habe Österreich keine Lieferung von Kriegsmaterial in den Irak genehmigt, erklärte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck.

Amnesty führt in seinem aktuellen Bericht Kanonen des Typs GHN-45 (Gun Howitzer Noricum) vom Kaliber 155 mm aus österreichischer Herstellung auf. 200 Stück dieser Waffe waren Anfang der 1980er-Jahre während des ersten Golfkriegs über Jordanien nach Bagdad geliefert worden. Die Endverbraucherzertifikate, die die militärische Nutzung im jeweiligen Importland garantieren sollten, erwiesen sich in beiden Fällen als wertlos. Diese Lieferungen des damaligen Voest-Tochterunternehmens Noricum ging als "Noricum-Skandal" in die Geschichte ein.

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